09.09.2022 - Neumond und NEIN zu AHV 21

Einmal mehr sollen die Schweizerfrauen in den Mond schauen, nur wird der am nächsten Abstimmungssonntag am Himmel nicht zu finden sein, denn er ist genauso leer wie das abgegebene Versprechen der Männer im Ständerat. Sie haben keinen Plan wie die zu tiefen Frauenrenten angehoben werden können und trotzdem wollen sie die AHV-Renten um 26'000 Franken kürzen.

Es wird keine Verbesserungen für Frauen in der 2. Säule geben, da die Reform auf unbestimmte Zeit nach der AHV-Abstimmung verschoben wurde.

 

02.09.22 - Fällt Weihnachten in diesem Jahr aus?

Wir sind aufgerufen, mit unseren Ressourcen achtsam umzugehen. Der Aufruf des Bundesrates zum Energiesparen ist kein Ausbund an Kreativität. Die «Empfehlungen» gehören zu meinem Leben, seit ich auf der Welt bin.

Ich bin aufgewachsen in einer Familie, in der das Thermometer im Winter 18 Grad nicht überstieg und damals war es kalt im Winter. Wolljacken statt Polyesterlumpen - die getragen wurden, bis sie auseinanderfielen - heisser Tee und warme Suppen sorgten für behagliche Wärme. Das Licht brannte in den Räumen, in denen wir uns aufhielten. Ein heisses Bad war ein Luxus, den man sich während einer Grippe gönnte – es wurde geduscht.

Heruntergekühlte Räume im Sommer waren ein Fremdwort. Am Morgen wurde gelüftet und danach schoben wir die Läden vor die Fenster. Willkommene Abkühlung fanden wir im öffentlichen Schwimmbad. Ein privates Planschbecken wurde, wenn überhaupt, nur für die Kleinen aufgestellt. Heute steht doch in beinahe jedem noch so kleinen Garten ein Pool, oft selten benutzt. Die Umwälzpumpen vertreiben mit ihrem Geräusch nachtaktive Lebewesen und verbrauchen Energie.

Ja, die Sommer waren weniger heiss. Spätestens jetzt, sollten aufhören, bei Extremtemperaturen die gleichen Leistungen erbringen zu wollen, wie wir das sonst tun und dafür den Klimaanlagen in den Büros keine Höchstleistungen abverlangen.

Der Aufruf zeigt Wirkung. Städte wollen in diesem Jahr auf Weihnachtsbeleuchtungen und die Beleuchtung historischer Bauten verzichten. Schade. Was ist mit der vorweihnachtlichen Lichtverschmutzung der Privatpersonen? Muss auf jeder Wiese eine Herde greller Rentiere die Nacht zum Tage machen?

Energiekrise, Wassermangel, Stromknappheit, Dürre – der Klimawandel zeigt sich von seiner besten Seite und ist nicht mehr totzuschweigen. Nachhaltige Empfehlungen, die inspirieren, wünschte ich mir.

30.04.2022

30.04.22 - Wiesli am Bahndamm

Seit Jahren erfreut mich das «Wiesli» welches zur Biodiversitätsfläche erklärt wurde. Während ich am Morgen auf die S-Bahn warte, betrachte ich die unterschiedlichen Wildpflanzen, die zu jeder Jahreszeit ihr ganz eigenes Bild abgeben.

Mit den sich öffnenden Knospen im Frühjahr erscheinen summende Insekten auf Nahrungssuche. Die Blütenfülle im Sommer übertüncht leere Getränkedosen, Glasscherben, ausgespuckte Kaugummis und die Zigarettenkippen, die neben dem Aschenbecher landen. Im Herbst, wenn der Wind die Samen davonträgt, taucht das Entsorgte wieder auf, um vielleicht im Winter für kurze Zeit unter einem Mantel aus Schnee zu verschwinden.

01.04.22 - ungefiltert

Die Masken sind gefallen. Von schmerzhafteren Gebresten abgesehen, habe ich es geschafft, die vergangenen zwei Jahre mit nur einer lästigen fieberhaften Erkältung zu überstehen.

Ich komme mir nackt vor heute Morgen, so ganz oben ohne. Die Fahrgäste der S-Bahn scheinen dieser neuen Freiheit nicht zu trauen. Die Mehrheit hält nach wie vor das Gesicht sittsam bedeckt.

Obwohl mich Gartenarbeit und Joggen bei Wind und Wetter widerstandsfähig machen, gegen das was da kreucht und fleucht, werden mich die Masken, zumindest in der Handtasche, weiterhin begleiten. Nicht nur in der kalten Jahreszeit wiegen sie mich in Sicherheit, nicht jedes Virus das von den rücksichtslosen «gruusigen Choderi» ungefiltert versprüht wird, einatmen zu müssen.

Abstandhalten, mich schützen ist zur zweiten Natur geworden. Vielleicht schaffe ich es irgendwann diesen Reflex so abzustreifen wie die Schlange ihre Haut.

17.03.22 - Idioten

Mit dem Fürsten Myschkin, dem "Idioten", beschreibt Fjodor M. Dostojewski einen guten und naiven Menschen. Der Protagonist stammt aus St. Petersburg wie der Idiot, der für den Krieg in der Ukraine verantwortlich ist. Leider hören da die Gemeinsamkeiten auf.

Wo bleibt der Umwelt- und Klimaschutz in Kriegszeiten? Bisher unberührte Wälder werden auf Jahrzehnte vermint bleiben, religiöse Stätten, mittelalterliche Stadtzentren, Kunstdenkmäler werden dauerhaft zerstört und damit die kulturelle Vergangenheit ausgelöscht. Die Kornkammer, die so manches Land ernährt hat, liegt brach.

Hungersnöte, Aufrüstungsvirus, Grünwäsche der Atomkraftwerke, Erdbeben versetzen mich langsam, aber sicher in Panik, stärker als es die Pandemie je geschafft hat.

14.02.22 - Valentinstag

Seit Jahren suche ich mir meine Blumen vor oder nach dem Floristen-Feiertag selber aus, denn meinem Mann fehlt der Blick fürs Wesentliche. Er vergisst, dass ich keine gelben Rosen mag, mir die farbliche Abstimmung wichtig ist, sieht nicht, dass das Beigemüse bereits schlapp gemacht hat, weiss nicht, welche Pflanzen sich gegenseitig beim Verwelken unterstützen und freut sich höchstens über die Schnäppchen.

Ich mag diesen Tag trotzdem, - 

weil er bei den Menschen kontroverse Gefühle auslöst
weil die Floristen etwas verdienen sollen / wollen
weil die Auswahl in den Blumenläden grösser ist
weil der eigene Garten noch nicht so viel hergibt
weil ich gerne wähle, was mir gefällt.
weil der Frühling nicht mehr weit ist.

02.02.22 – Von O wie Omikron bis O wie offen

Vor zwei Jahren, zu Beginn der Pandemie rannte ich 120 km pro Monat, um den Käfig, in dem ich mich unerwartet wiederfand, zu sprengen. Ich hielt ein halbes Jahr durch, bevor mein Körper Grenzen setzte, denn auch im Urlaub gönnte ich mir keine Regeneration. Zuerst rebellierten die Füsse, danach meine nicht mehr existenten Bandscheiben. Vor einem Jahr zwangen mich meine Rückenbeschwerden zu einer dreimonatigen Auszeit. Ein Minimum an «Alltagsgeschäft» erledigte ich trotzdem und an den 8'000 Schritten pro Tag, in Absprache mit dem Arzt in drei Raten aufgeteilt, hielt ich eisern fest. Sie stellten meine mentale Gesundheit sicher.

Es wird übers Öffnen diskutiert. Obwohl ich während den letzten zwei Jahren nie Heimarbeit leisten musste, gewöhnte ich mich daran, dass sich mein quirliger Alltag zu einer Oase der Gemächlichkeit entwickelte.

Mittlerweile graut es mir vor überfüllten Zügen, Strassenbahnen und emsiger Geschäftigkeit. Mit Menschen, die mir lieb und wichtig sind, stehe ich in Verbindung, sei es schriftlich, über die Sozialen Medien oder persönlich. Weniger ist mehr – ich habe erlebt, dass ich mir selbst genügen kann und der persönliche Austausch an Intensität gewonnen hat. Ist es, weil es mir plötzlich wichtig ist, über das Erlebte zu reflektieren?

Unter der Maske lässt sich so vieles verbergen. Meine winterliche Dermatitis konnte unbemerkt aufflammen und das Hämatom nach einem Zahnarztbesuch durfte sich Zeit lassen zum Verblassen. Solange ich nicht mit den Augen rolle, sieht niemand wie ich meinen Mund verziehe.

Die Ruhe am Morgen, die das Pfeifen der Spatzen hörbar macht, ich werde sie vermissen, sobald sie wieder gegen Motorengeräusche am Boden und in den Wolken eingetauscht wird. Trotzdem ersehne ich die Reisefreiheit. Gerade, weil ich immer nachhaltig unterwegs war, kann mir niemand den einzigen Luxus, den ich mir gönne, vermiesen. Ich trage Sorge zur Umwelt, seit ich auf der Welt bin. Das ging gar nicht anders mit einer Mutter, die als Kind von März bis November barfuss laufen musste und jedem Stofffetzen verwertete, indem sie was für uns oder unsere Puppen schneiderte.

Die Abstandsregeln bedeuteten eine Befreiung für mich. Losgelöst vom Händeschütteln und dem Druck mich von kaum bekannten Personen umarmen zu lassen, kann ich viel unbeschwerter auf meine Mitmenschen zugehen.

15.12.21–NEIN zum AHV-Alter 65 der Frauen und JA zum AHV-Alter 66 der Männer

Frauchen schaut die Tagesschau und schimpft über die Mitte-Rechts-Politikerinnen, die sich für das AHV-Bezungsalter 65 der Frauen stark machen.

«Diese privilegierten Weiber mit Mindestlohn-Hausangestellten und versklavten Pflegerinnen, brauchen mit IHREN Löhnen, Maximalrenten, zusätzlichen Einzahlungen in die Pensionskassen, Dritten Säulen und bevorstehenden Erbschaften weder Altersarbeitslosigkeit noch Armut zu fürchten. Sie entscheiden selbst wie lange sie arbeiten wollen und haben auch zu Pandemiezeiten das nötige Kleingeld, um diese sinnlosen Tests für Ein- und Ausreisen aus unserem Land zu berappen. Die Erholung von der Enthaltsamkeit des Covid-Winters ist ihnen gewiss. Wo bleibt da die Solidarität?

Ja, meine Süsse, das sind die gleichen, die den Einkaufstourismus verurteilen. Sie wissen nicht, was es heisst, ihrem Hund den Napf nicht mehr füllen zu können.» Bei der Erwähnung meines Hundegeschirrs jaule ich laut auf, doch sie ignoriert meinen knurrenden Magen und beginnt aufzuzählen, in welchen Bereichen sie finanzielles Entwicklungspotential sieht. «Eine Anpassung der Mehrwertsteuer auf mindestens 10%, gleicher Lohn für gleiche Arbeit - bedingt natürlich auch, dass Berufsanfängerinnen nach gleicher Ausbildung das gleiche Anfangsgehalt wie ihre männlichen Kollegen einfordern – erschwingliche Kinderbetreuung, Altenpflege, Wohnungen, etc.»

Die Anregung ihrer Freundschaft Plus, den Männern ihre Rente erst mit 66 Jahren zu gewähren, scheint bei ihr gut anzukommen. Sie trällert frei nach Udo Jürgens, «mit 66 Jahren da hat man Spass daran, mit 66 Jahren, da kommt man erst in Fahrt, mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss», mmh, manchmal.

Ich schiebe ihr meinen Napf vor die Füsse. «Wuff». Endlich reagiert sie. Tröstliches Rascheln ertönt und gleich darauf tauche ich meine Schnauze tief in den vollen Napf. Ihr Kommentar dazu: «Ja meine Liebe, weisst du was ein bekannter Mann, so tot wie dein Herrchen, dazu sagen würde?» Widerstrebend blicke ich zu ihr auf, während sie Berthold Brecht zitiert: «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral». Da bin ich nicht einverstanden, habe ich doch ihre ganze Litanei über mich ergehen lassen müssen, bevor ich was zu Fressen bekam.

23. November 2021 - Vandalismus oder Streich?

Seit 15 Jahren wohne ich wieder in Aesch. Ich habe das Elternhaus übernommen und eine Leidenschaft für insekten- und vogelfreundliche Wildpflanzen, Wildobst, klimaresistente Pflanzen entwickelt. Mein Garten gibt mir Gelegenheit zu experimentieren.

Wenn ich beobachte, wie Jugendliche sich nach ihren Alkoholexzessen mitten in der Nacht in meinem Vorgarten erleichtern oder ich beim Nachhause kommen am Abend, die am Vortag neu gepflanzten Stauden überfahren am Boden liegen sehe, bin ich traurig und irritiert. Ebenso wenig kann ich verstehen, dass irgendjemand die Kürbisse meiner Nachbarin «erntet», zertrampelt und auf unserem Weg verstreut. Kondome, Zigarettenkippen, Masken, sind nur ein paar der Dinge, die ich schon in meinem Garten fand.

Ich war sehr erleichtert und dankbar, dass mein Anliegen ernst genommen und Mitte Oktober 2021 der Zaun repariert wurde. Die Verunreinigungen durch die «Nachtschwärmer» hatten bis gestern deutlich abgenommen. Ab und zu gingen die Eltern mit gutem Beispiel voran und kletterten mit ihren Kindern über den Zaun. Wenn ich darauf hinwies, dass dies ein Privatweg ist, wurde ich ausgelacht.

Leider wurde in der Nacht vom 22. zum 23. November 2021 der Zaun mit einer Schere durchgeschnitten. Was soll ich unternehmen, ohne zur Selbstjustiz zu greifen und mich damit auf die gleiche Stufe wie die Vandalen zu stellen? 😡

14. September 2021 - Amerikanisches Berufskraut

Frauchen war Joggen «bigott». Nicht nur auf zukünftigen Baustellen, nein, auch im Wald, auf Wiesen, am Bahnhof ist dieses Kraut, das harmlos wie ein Gänseblümchen aus allen Ritzen wuchert, anzutreffen. Sie macht sich Sorgen, weil ihre Wohngemeinde anscheinend nichts dagegen unternimmt.

9. September 2021 - Uyuni ist weit weg

Was? Ihr wisst nicht wo Uyuni ist? Solltet ihr aber. Ich weiss es erst, seit Frauchen sich am Telefon darüber ausgelassen hat. Sie hat 1983 Bolivien bereist und war beeindruckt von den Luft- und Wasserspieglungen im Salar de Uyuni.

Mmh, Salz, nicht gerade angenehm an den Pfoten. Doch ich liebe die Fahrten in den Elektroautos, die gemietet werden können, an Umfang und Luxus deutlich zunehmen und doch nur mit einer Person besetzt sind – in unserem Fall, eine Person mit Hund.

Was hat die klimaneutrale Elektromobilität mit der grössten Salzwüste der Welt - einem prähistorischen See, der austrocknete und diese fast 11'000 Quadratkilometer grosse Landschaft, in dem sich sogar Flamingos, angesiedelt haben, die nur in Südamerika vorkommen - zu schaffen?

Neugierig spitzte ich die Ohren. Bolivien ist ein armes Land, das weiss sogar eine in die Jahre gekommene Töle. Anscheinend befinden sich unter dem Salar die grössten Lithium-Reserven der Welt. Das leichteste Metall, wird neben der Herstellung von Akkus für Handys und Laptops auch für die Batterien der Elektroautos benötigt.

Frauchen ist überzeugt, dass der Rohstoff für unsere Elektrobatterien nicht unter nachhaltigen Bedingungen abgebaut werden kann. Zum Einen ist die Gier nach dem weissen Gold riesig, zum Anderen wird der Wasserverbrauch ins Unermessliche steigen und damit einen einzigartigen Lebensraum für Mensch und Tier vernichten.

Ich ahne Schlimmes. «Wuff»

«Meine klimaneutralen Reisen werden vermutlich bald der Vergangenheit angehören»

01. August 2021 – Es darf geknallt werden

Früher verbrachten Frauchen und Herrchen den Nationalfeiertag konsequent im Ausland und ich im Tierheim, wo ich Todesängste ausstehen musste.

Seit letztem Jahr ist alles anders, Herrchen gibt es nicht mehr und mit dem Virus habe ich mich versöhnt, denn Frauchen sorgt vor und richtet mir schon zwei Tage vor dem offiziellen Knallertag ein behagliches Plätzchen unter dem Chesterfield Sofa ein. Während sich Starkregen und Knallerei abwechseln, verkrieche ich mich laut winselnd in meinem Versteck und komme nur darunter hervor, wenn ich das Zeichen zum Gassigehen, das Klicken der Leine, höre.

Je lauter ich nach dem Spaziergang aufheule, umso voller ist der Leckerli-Napf, der sie mir unters Sofa schiebt. Hat Frauchen ein schlechtes Gewissen?

Sie schimpft über diesen Lärm, vor dem sie jahrelang geflüchtet ist, behauptet gar, dass die Knaller immer lauter werden und das Feuerwerk immer farbloser ist.

7. Juli 2021 - Über Denkmäler und andere «Mali»

Frauchen hat unterschrieben - gegen den Dom. Sie behauptet, 300 Ja-Stimmen in einem 10'000 Seelen Ort seien nicht repräsentativ. Sie hat erfahren, dass die bestehende Sporthalle nur zu 50% ausgelastet ist und flucht über den Nepotismus in diesem Ort, in dem sie aufgewachsen ist. «Da will sich jemand ein Denkmal setzen» meint sie und hofft, das Referendum kommt zustande. Anscheinend müssen sich genügend Gegner finden, die ein Nein in die Urne legen, gegen ein Gebäude, von dem niemand ihr genau sagen konnte, welche Grünfläche dafür geopfert werden soll. Sie befürchtet, die Umgebung leidet bei einem Ja noch mehr unter der Lichtverschmutzung als dies bereits der Fall ist.

Zugegeben, ich hätte nichts gegen einen Umzug aufs Land. Die Gärten in der Gartenstrasse sind verschwunden und wenn ich einmal das Bein an einer Mauer hebe, ernte ich böse Blicke.

In den anliegenden Gemeinden der Agglomeration sieht es nicht besser aus. Beim Einzäunen eines weiteren unnötigen Fussballfeldes wurde der Wildwechsel vergessen. Schade, hält mich Frauchen oft an der kurzen Leine.

27. Mai 2021 Nachlass

 

Umarmt und umgarnt,

was Menschen hinterlassen.

Die Natur verzeiht.

1. April 2021 - Frauchen alleine im Wald

«Du musst dich nicht verkriechen, meine Süsse, ich ziehe allein los», beschwichtigt Frauchen. Ist das ein Aprilscherz? Ich habe mich unters Sofa verzogen, nachdem ich beobachtet habe, wie sie ihre Joggingkleider montiert hat. «Heute beginnt im Wald, zum Schutz des Wildes, die Leinenpflicht für Hunde und ich starte mit meinem Walking-Training», erklärt sie. Ich atme auf. Sobald die Haustüre ins Schloss fällt, verschwinde ich im Garten.

Nach zwei Stunden ist sie endlich wieder da. Ich habe Hunger, doch sie humpelt mit hochrotem Kopf ins Bad. Ob das gesund ist? Während sie meinen Futternapf füllt, beginnt sie mit Erzählen.

«Es ist ganz ok, es langsam anzugehen, so wie mit dem Arzt besprochen. Ich bin froh, mich gleich bei Sonnenaufgang auf den Weg gemacht zu haben. Das Forstteam hat in den vergangenen Wochen Bäume gefällt und aufgeräumt, um die Sicherheit der Menschenmassen, die seit den Reisebeschränkungen den Wald verwüsten, zu gewährleisten. Rehe und Hasen traf ich an auf meinem Rundgang, wo verrate ich nicht. Es stimmt nicht, dass wie im «Chäsblatt» behauptet, sich die Hundebesitzer in «bi gott» an die Regeln halten. Drei Mal traf ich auf Personen, die ihre Hunde erst anleinten als ich in ihr Blickfeld rückte.»

Ich wünschte, mein Frauchen wäre etwas nachlässiger und kommentiere ihren Monolog mit einem «Wuff». Sie hält es für Zustimmung und streckt mir ein Leckerli hin.

8. März 2021 - Weltfrauentag

Die Abstimmungsergebnisse fallen nie so aus, wie ich mir das wünschen würde.

Ist die Annahme des Verhüllungsverbots frauenfreundlich? Werden Frauen, die Burka und Niqab tragen, überhaupt noch das Haus verlassen? Warum werden Personen, die sich verhüllen mit Hooligans gleichgesetzt?

Wir brauchen in der Schweiz kein Palmöl, weder nachhaltig noch industriell hergestelltes.Nicht nur die Umwelt soll von diesem Freihandelsvertrag profitieren. Ich wünsche mir zum heutigen Weltfrauentag, dass in Indonesien, einem Land in dem die weibliche Genitalverstümmelung praktiziert wird, die Frauenrechte durch dieses Abkommen gestärkt werden.

25. Februar 2021 - Frauchens liebster Winkel im Zug, da rückenfreundlich

25. Februar 2021 - Vom Kranksein

«Es ist anstrengend, krank zu sein», sagt Frauchen. Seit dem 1. Februar komprimiert eine Bandscheibe ihren Ischiasnerv. Beschweren will sie sich nicht, ist es in 25 Jahren doch erst der dritte Rückfall, wenn auch der schmerzhafteste. Eine Woche lag sie mit hochgelagerten Beinen im Bett, bevor ihr der Arzt erlaubte, wieder 50% zu arbeiten.

Spaziergänge sind bewilligt, alles andere soll sie auf «später», wann immer das sein mag, verschieben. Arktische Kälte mit Schnee und Frühsommertemperaturen, wir sind unterwegs, jeden Tag. Sobald sie nach der Arbeit seufzend ins Bett gesunken und ihre Liegepause hinter sich gebracht hat, klimpert sie mit Halsband und Leine. «Die Spaziergänge mit dir, halten mich von gefährlichen Ideen ab, meine Süsse», brummelt sie und fixiert dabei den Garten und die Jogger wie ich die Leckerlitüte. «Mmh, mit deinem lahmen Fuss, wäre schleichen das passendere Wort», winsle ich und möchte mich am liebsten verkriechen. Schade, kann sie noch immer nicht länger als eine halbe Stunde am Stück sitzen.

Zwei Mal pro Woche ist sie beim Chiropraktor, da kann ich verschnaufen, weil sie danach liegt. In winzigen Schritten erholt sich mein Frauchen, eine Geduldsprobe für sie wie auch für mich.

22. Februar 2021 - unordentliche Ordnung

Ein bisschen unordentliche Ordnung täte unserem natürlichen Klima gut.

Gedankenlos werden Parkplätze von Firmensitzen, Industriearealen, Schwimmbädern, Sportanlagen etc., wenn sie nicht als Einstellhalle vorgesehen sind, asphaltiert. Überdüngte Rasenflächen rahmen Geschäftsgebäude ein. Auf Arealen pflegeleichte Pocket-Pärke, verlocken nicht zum Verweilen, da die Baumgerippe zu wenig Schatten spenden.

Während immer mehr Brachen, Schotterplätze, die wertvollen Lebensraum für Insekten und Kleingetier bieten, verschwinden, beklagen wir den Verlust der Artenvielfalt, jammern über Klimawandel und Erderwärmung.

Wir sollten es nicht nur den Bauern überlassen, Flächen für die Biodiversität zur Verfügung zu stellen.

Warum wird nicht bereits bei der Arealentwicklung / Städteplanung eine ökologische Lösung ins Auge gefasst? Haben die Naturschützer aus meiner Generation, die etwas davon verstehen, aufgegeben? 

Ersetzen wir den Asphalt der Parkplätze, ausgenommen Stellplätze für Behinderte, mit Rasengittersteinen (existiert ein umweltfreundlicheres Material als Beton?) und sorgen für einen Untergrund der zwischen den Gittern pflegeleichte Pflanzenvielfalt zulässt.

Lassen wir in den Vorgärten wieder „Unkräuter“ spriessen, statt in Kinderarbeit geerntete Steine, die das Klima noch mehr aufheizen und verschaffen uns mit Moosgärten in schattigen Innenhöfe zusätzliche Kühlung.

Zigarettenkippen die unsere Brachen zieren, in der Natur entsorgter Müll, ausgespuckte Kaugummis, die in Tiermägen landen oder als unappetitlicher Fleck jahrzehntelang der Witterung standhalten, verlangen eine Sensibilisierung des Bewusstseins und kreative Ideen, die über eine Geldbusse hinausgehen.

28. Dezember 2020 – Schock- und Stairmaster

Der linke Fuss meines Frauchens schmerzt. Sobald sie das Dehnen nach dem Joggen oder Krafttraining vernachlässigt und den Sommer über auf Einlagen verzichtet, machen sich die „Sporne“ bemerkbar.

Statt den Kopf laufend im Wald auszulüften, während ich angeleint nebenher hechle, lässt sie sich seit ein paar Wochen liegend ihre Sehnenplatte vom Schockmaster traktieren. Gebündelte Stosswellen sollen der Entzündung den Garaus machen. Sieben Behandlungen liegen hinter ihr. Der Anlaufschmerz scheint weg zu sein. Zumindest heult sie beim Aufstehen nicht mehr wie ein Wolf.

Zusätzliche Linderung sollten ungewohnte Bewegungsabläufe verschaffen. Bis zur Covid bedingten Schliessung des Fitnesscenters am 22. Dezember, kämpfte sie mit den Flexxgeräten und behandelte ihre Plantarfasziitis mit Nagelbrett, Kieselsteinen und Holzperlen. Auf dem Stairmaster erklomm sie Stockwerk um Stockwerk - 30 mussten es mindestens sein - und versuchte dabei nur mit dem Vorderfuss auf den Stufen aufzusetzen damit sich die Fersen erholen konnten. Angeblich stärkt das auch die Wadenmuskulatur.

Ich verstehe nicht, weshalb mein Frauchen bei diesem Hundewetter unbedingt 8‘000 Schritte pro Tag zurücklegen will. Sie hat Ferien. Zum Fressen und Gassigehen aufzustehen, reicht völlig aus.

15. Dezember 2020 - Verkürzte Züge der SBB

Der Husten meines Frauchens hört sich an wie mein Bellen. Heiser und trocken. Wie schon die ganze Woche während den Stosszeiten, tönt aus den Lautsprechern der Bahnsteige eine Stimme, die informiert, dass der Zug verkürzt geführt wird.

Gedränge beim Einsteigen, Anrempeln in den Gängen und bei den Sitzplätzen. Frauchen findet einen Stehplatz vor der Türe, die zur ersten Klasse führt.

Ich sitze schön bei Fuss, weihnachtlich dekoriert. «Haustiere können das Virus auch übertragen, warum lassen sie den Köter nicht zuhause». Nachdem sie vor Kurzem in eben dieser S-Bahn angepöbelt wurde, weil ich «oben ohne» dabei war, hat mir Frauchen eine spezielle Hundemaske besorgt.

Dichtgedrängt stehen die Pendler vor der leeren 1. Klasse und treten mir auf die Pfoten. Frauchen beneidet alle, die einen Führerschein besitzen und damit statt der Umwelt sich selbst schonen. Sie versucht krampfhaft den Husten zu unterdrücken, den sie sich weder bei der Arbeit noch beim Gassigehen mit mir und auch nicht beim wöchentlichen Weiberplausch, auf den sie verzichtet, seit die Fallzahlen ungeahnte Höhen erklimmen, geholt hat. Giftige Blicke quittieren ihre Bemühungen. Tränen der Anstrengung weichen das Babyrosa ihrer korrekt getragenen Medizinalmaske auf. Stoffmasken sind dort, wo sie arbeitet, verboten. «Lass dich testen Alte und bleib zuhause», grölt eine gesichtslose Männerstimme.

… «Bigott», unser Ziel. Wir steigen aus. Frauchen zupft an der Maske und atmet tief die Aerosole der sich zerstreuenden Menge ein. Ich schiele nach dem Bus. «Wir gehen zu Fuss nach Hause», bestimmt Frauchen.

8. Dezember 20 - Vom «Müssen» zum «Wollen»

Mit MÜSSEN setzen wir uns selbst unter Druck, Druck der ab und zu durchaus motivierend sein kann. Zu viel MÜSSEN belastet, und erstickt Inspiration und Kreativität im Keim.

Beleuchten wir unser Leben aus unterschiedlichen Winkeln, ergeben sich unendliche Möglichkeiten damit sich aus Zwang selbstbestimmtes Handeln und Selbstwirksamkeit entwickeln können, aus dem MÜSSEN ein WOLLEN wird.

Tönt eigentlich ganz einfach, ist es aber nicht. Seit einigen Jahren versuche ich das Wörtchen MUSS mit WOLLEN zu ersetzen. Statt: Ich MUSS arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, ich will arbeiten, weil mir Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit wichtig sind.

WOLLEN tönt nach Freiheit. Solange ich frisch und munter bin, will ich zuerst die anspruchsvollen (statt mühsamen) Arbeiten erledigen. Aus Etwas, das wir scheinbar tun müssen, wird eine Herzensangelegenheit sobald wir erkennen, dass wir dieses Tun erledigen wollen, um ein für uns wichtiges Ziel zu erreichen.

"Nur Sterben MUSS man" - stimmt so nicht. Sogar bei unserem Sterben erhalten wir ein Mitspracherecht. Ich denke dabei nicht nur an Suizid, sondern an den bewussten Abschied am Ende eines erfüllten Lebens.

Das Leben kann wie ein Pendel ausschlagen, in eine andere Richtung als vorgesehen und das WOLLEN verwandelt sich in ein MÜSSEN. Eine Kursänderung bietet sich an. Fragen tauchen auf. Hole ich Hilfe damit ich aus der Opferrolle des MÜSSENs zur Autonomie des WOLLENs zurückfinde?

31. Oktober 20 - Halloween und die Rue de la Kack

Das kräftige Orange passt gut zu meinem schwarzen Fell, behauptet Frauchen als ich aus dem Autokäfig springe. Für alle die mich noch nicht kennen, ich bin eine Labrador Retriever-Hündin, die Herrchen als Golden Retriever erstanden hat. Herrchen ist tot und Frauchen steht auf Schwarz.

Die Rue de la Kack hüllt sich in Nebel. Frauchen nimmt mich an die Leine. «Vorsichtshalber, weil ich dich sonst nicht sehen kann», meint sie. «Kaum zu glauben, in dieser Verkleidung», knurre ich sie an. Auf halbem Weg entdeckt sie einen Brief, der in einem Plastikmäppchen steckt, das mit Schnur an einem Stock festgemacht ist. Neugierig beugt sie sich über den Text. «Handgeschrieben mit blauer Tinte», murmelt sie und liest vor. Das Schreiben richtet sich mit der Bitte an Hundebesitzer*innen, die orangen Säckchen mit den Häufchen ihrer vierbeinigen Lieblinge doch «bigott» in die dafür gedachten und nahegelegenen Behälter zu werfen. «Recht hat die Person, die diesen Brief geschrieben hat», stimmt Frauchen zu.

GRRRRR - Ich bin verwirrt. Dient mein Kürbismäntelchen zum Schutz gegen die Kälte, ist es ein Halloween-Kostüm oder gar eine Gedankenstütze für Frauchen?

2. Oktober 2020 - Mein neues Jahrzehnt

Die Türe ist nicht ins Schloss gefallen mit dem ersten Tag meines neuen Jahrzehnts.

Ich bin nach wie vor neugierig wie es weiter geht. Wie jedes Jahr im Oktober, geniesse ich Zeit mit mir. Das wechselhafte Wetter passt dazu.

17. September 2020 - Kampfjets

Brauchen wir Kampfjets für sechs Milliarden, um Covid-19 und den Klimawandel abschiessen zu können?

Warum sollen wir den Luftraum schützen, wenn darunter alles vertrocknet und verseucht ist?

27. September 2020 - Kampfjets

 

 

Bald dürfen wir mit Kanonen auf Spatzen schiessen.

Wenwies, Oberbayern 2. Oktober 2017

Hinterer Gosausee, Salzkammergut, Juni 2020

Huron Lake, Ont. Kanada 2014

Lake Superior, Pancake Bay Ont., Kanada 2018

Alpbachtal Tirol, Mai 2017

Hutchinson Island FL, USA 1997

Upper Arrow Lake, Nakusp B.C. 2000

15. September 2020 - Wurzelwerk und Entwurzeltes

Seit ich mich erinnern kann, gehören Wurzeln und Schnitzwerk zu meinem Leben. Mein Grossvater mütterlicherseits war Bauer. Aus den mächtigen Ästen der alten Linde vor seinem Haus, die von weitem zu sehen war, schnitzte er Krippen- und andere Figuren. Noch immer verbinde ich den Duft von geschnitztem Lindenholz mit «Neni». - Sein Land grenzte an das Wurzacher Ried, dem grössten zusammenhängenden und noch intakten Hochmoor in Baden-Württemberg. Er sammelte Wurzeln, die Haus und Garten zierten. Eine davon stand lange Jahre bei uns in der Ecke auf der Treppe, die ins Obergeschoss führt. Meine Mutter hat sie mitgebracht. Sie sollte vermutlich ihre Heimwehattacken lindern. Unglücklicherweise wurde diese Wurzel bei der Hausräumung entsorgt, was ich bedauere, denn ab und zu taucht sie plötzlich vor mir auf, wenn ich die Stufen hochsteige. Meine Füsse wollen ausweichen, obwohl sie das gar nicht mehr müssen.

Holz in jeder Form fasziniert mich. Der Wald lädt mich zum Verweilen und Nachdenken ein, Bäume schenken mir eine Art universeller Zuversicht. Die weltweite Abholzung und Brandrodungen erfüllen mich mit Grauen. Ich wünschte mir, dass niemand, der den Klimawandel leugnet, für den Nobelpreis vorgeschlagen wird und jeder geschlagene Baum zurückschlagen könnte.

Memento moriendum esse

30. August 2020 - Besuch bei den Eltern

Es regnet seit Tagen oder so kommt es mir nach der Hitzewelle vor. Ich muss auf meine Schrittzahl kommen, täglich mindestens 8'000. Es ist schon bald Abend und so gemütlich drinnen. Ich schäle mich aus der Kuscheldecke, schaue auf meinen abgewetzten Ledersessel und verlasse das Haus in regentauglicher Kleidung. Trotz Schirm fallen Tropfen auf meine Kapuze und hinterlassen eine Spur entlang meiner Schläfen bis zum Hals herunter, wo sie verharren bevor sie vom T-Shirt aufgesogen werden. Ziellos schlendere ich die Wege entlang, die mir so vertraut sind. Das Fitnessband verrät mir, dass ich noch nicht einmal 4'000 Schritte zurückgelegt habe.

Meine Füsse verselbständigen sich.

Vor einer Urnenmauer halten sie inne. Ich war seit Jahren nicht mehr hier. Suchend gleitet mein Blick über das einheitliche Blaugrau der Wand. Unterschiedlich gestaltet, fallen die Nischentafeln aus. Mir fällt auf, wie viele beschriftet sind, seit meinem letzten Besuch. Mit den Namen von Bekannten tauchen Erinnerungen auf. Da, endlich, eine gemeisselte Rose rankt links auf der Platte, darunter sind die Namen, Geburts- und Todesjahre meiner Eltern in einer schlicht gehaltenen Schrift zu lesen. Es heisst, im Tod sind alle Menschen gleich. Die Hinterbliebenen pochen auf Unterscheidung, und die Steinmetze auf Verewigung ihrer Kunst. Auf den Rändern der Platten versüssen Miniaturengel, Spielzeugautos, etc. den Verstorbenen ihren letzten Aufenthalt und an den Tafeln sind Halterungen für Vasen oder Kerzen befestigt.

Das macht Friedhöfe spannend.

Dank oftmals altem Baumbestand bieten sie Rückzugsmöglichkeiten für zahlreiche Tierarten. Sie bieten Raum zum Trauern, zum Zwiegespräch, laden ein zur Erholung und Meditation. Sie bilden einen Rahmen für Ausstellungen und Events. In anderen Ländern sind sogar Jogging-, Rad- und Kulturwege auf Stadtfriedhöfen zu finden.

Gärtner bepflanzen ein Grab mit einheimischen Wildstauden und schaffen damit eine Fülle an Nahrung für Insekten und Kleintiere. Ich mache mich auf den Heimweg. Mein Fitnessband vibriert, das heisst, ich habe mein Tagesziel erreicht.

Es hat aufgehört zu regnen.

25. August 2020 - «Lustig ist das Zigeunerleben»

… brauchen der Stadt Basel kein Geld zu geben. «Hesch mer e Stutz?» Wer so fragt, ist von gestern. Die Clanmitglieder, welche an diversen strategischen Punkten ihre Becher heben, haben den Betrag verdoppelt. Zwei Franken musst du löhnen, um im ÖV, vor den Läden, auf den Strassen und in den Gartenbeizen nicht belästigt zu werden. Vor der Theodorskirche wird das Lager ausgebreitet. Eine gebührenpflichtige Bewilligung für Bettlergilden würde zumindest die Kosten für die Reinigung der Grünanlagen decken. Wenn ich es mir recht überlege, wäre für diese Unterkunft so nahe am Rhein eine zusätzliche Touristensteuer angebracht. Es liessen sich bestimmt ein paar
SP-Mitglieder finden, die freiwillig das Einkassieren übernehmen.

18. August 2020 - Hundstag auf der Rue de la Kack

Seit Herrchen tot umgefallen ist und ich ihn im Badezimmer mit einem schlabberigen Kuss verabschiedet habe, werde ich frühmorgens aus meinem Bettchen gescheucht. Den Weg, den ich mit Herrchen bisher zu Fuss zurückgelegt habe, verbringe ich neuerdings im Autokäfig und verpasse so alle interessanten Gerüche unterwegs. Zugegeben, an einem frostigen Wintertag habe ich nichts gegen den Fahrdienst zur Rue de la Kack, da mein schickes Mäntelchen eher dekorative Zwecke erfüllt.

Während der Hundstage jedoch, würde ich morgens am liebsten hechelnd liegend bleiben, - und meine Notdurft im Garten verrichten, ein absolutes Tabu - statt mit Frauchen den Vita Parcours entlang durch den Wald zu streifen.

Ab und zu vergisst sie, mich an die Leine zu nehmen. Das kommt vor, wenn sie mit ihrer Hundesitterfreundin verabredet ist. Sie hat immer mindestens vier Artgenossen dabei, die meisten sind ganz nett, aber nicht aus der Region, was dauerhafte Freundschaften ausschliesst. Trotzdem macht es Spass im Rudel dem Wild hinterher zu jagen.

Ich mag es, Jogger laut bellend zu verfolgen während Frauchen japsend hinterherruft: «Sie tut nichts». Wie kann sie da so sicher sein? Die Jogger halten an und werden laut. Mit gefletschten Zähnen verteidige ich meine Futterlieferantin und die vier Schützlinge der Sitterin stimmen in mein Knurren ein. «Anzeigen sollte man sie», schimpfen die Jogger und laufen davon.

Ich setze mich mitten auf den Waldweg und verrichte mein Geschäft. Bevor Frauchen mit dem orangen Säckchen zugreifen kann, klebt mein Häufchen am Vorderrad eines Mountainbikes. Der Velofahrer steigt ab und flucht über den degenerierten Köter. Ich bin weiblich und ein Golden Retriever. Frauchen streckt ihm ein Papiertaschentuch hin. Er wischt das Rad damit ab und murmelt etwas von «Kacke bigott» bevor das Papier vor Frauchens Füssen landet. Erschöpft kehren wir zum Parkplatz zurück.

07.08.20 - Vom Lesen

Jeder Mensch liest unterschiedlich schnell. Ein geübter Leser kann bei einfachen Texten ca. 200 bis 300 Wörter pro Minute erfassen. Schnelle Leser schaffen bis zu 1000 Wörter pro Minute. Anscheinend lässt sich mit dieser Formel die Lesedauer berechnen:

Anzahl der Wörter eines gesamten Beitrages geteilt durch X = Lesedauer in Minuten.

Neuerdings wird bei vielen Beiträgen auf den Sozialen Netzwerken eine Lesedauer angegeben. Ich habe mich gefragt, was das soll. Menschen zum Lesen anregen, obwohl sie ein Thema nicht interessiert? Wer freiwillig liest, nimmt sich die Zeit, sich mit einem Beitrag auseinanderzusetzen, unabhängig vom Aufwand. Einzige Voraussetzung dafür, der Inhalt muss ansprechen.

Ich habe mir nie vorschreiben lassen, was ich lese. Nach dem Erlernen des Alphabets tat sich mir eine neue Welt auf. Die Erstklässler*innen bekamen zusammen mit den Zweitklässern*innen Zugang zur Schulbibliothek und durften sich ihr erstes Buch ausleihen. Wochenlang habe ich mich auf diesen Nachmittag gefreut. Als ich fast als Letzte an die Reihe kam, waren die wenigen altersgerechten Bücher, die ich noch nicht kannte, bereits vergeben. Zudem wollte ich nicht, wie die anderen Kinder aus meiner Klasse mit einem Bilder- oder Märchenbuch nach Hause gehen. Weshalb sollte ich mich mit Geschichten befassen, die mir meine Eltern erzählt hatten? Ich griff nach einer längeren Geschichte ohne Illustrationen und las die Beschreibung auf der Rückseite. Stolz ging ich mit meiner neuen Karte zur Bücherausgabe, wo meine Auswahl mit Stirnrunzeln begrüsst wurde. Obwohl ich eher schüchtern war, wehrte ich mich so vehement gegen den Vorschlag der ehrenamtlichen Betreuerin doch eine andere Wahl zu treffen, bis sich diese an meine Lehrerin wandte. Sie erlaubte mir die Ausleihe und meinte, ich könnte mir von den Eltern aus dem Buch vorlesen lassen, falls ich mit dem Text innerhalb der Rückgabefrist nicht zurechtkäme. Einzelne Wörter liess ich mir von meiner Mutter erklären. Nach einer Woche brachte ich mein erstes selbst gelesenes Buch zurück, dessen Inhalt ich mündlich zusammenfassen musste, weil mir die Lehrerin nicht traute.

Trotzdem lese ich noch immer.

So wie ich meinen Garten bepflanze, so lese ich - querbeet- Klassiker, Philosophie, Sachbücher, Romane, Artikel, etc. Obwohl ich das gedruckte Buch bevorzuge, kann ich mich auf Reisen mit der elektronischen Variante anfreunden. Mein Lesestoff bringt mich zum Lachen, regt mich zum Nachdenken an, stimmt mich traurig, tröstet, lehrt und inspiriert mich. Er spornt mich an zu experimentieren oder etwas Neues zu wagen. Klassiker, Philosophie, Sachbücher, Romane, etc. Sofern verfügbar, lese ich Fremdsprachiges im Original. Ist das nicht möglich, weil ich die Sprache nicht beherrsche, suche ich nach der - für mich- richtigen Übersetzung.

Ich lese - also bin ich.

27.07.20 - Klarsicht mit Aussicht auf Durchsicht

Mein Glaskörper hebt ab. Ein Alterungsprozess, der als grün umrandete Kaulquappe im Innenrand meines rechten Auges urplötzlich in Erscheinung tritt und aufgeregt hin und her schwänzelt bevor er sich in grauen, schwarz umrandeten Wolken verliert, die, wie bei einem richtigen Gewitter, von Blitzen begleitet werden.

Ich bin mit Mann, Tochter und ihrem Partner frühmorgens unterwegs nach München. Wir unterhalten uns gerade über Fahrprüfungen im Allgemeinen und die meiner Tochter im Besonderen - zum Glück fahre ich nicht - als diese Sehstörungen in mein Leben treten. Leider verschwinden sie nur fast, denn zurück bleibt eine kontaktlinsenartig geformte, durchsichtige Gestalt.

Hartnäckig wie ein Schatten heftet sie sich an jede meiner Augenbewegungen. Sie bestaunt mit mir die Geschichte in Reimen der Wallfahrtskirche Andechs, geniesst das gleichnamige Bier auf der Panoramaterrasse und verhält sich selbstverständlich coronakonform - nur ihren Mundschutz kann ich nicht ausmachen.

Am Abend leistet sie mir Gesellschaft im ältesten Biergarten Münchens, wo wir einen der Stammtische mit Schwager und Schwägerin teilen. Nachdem der Tag der Nacht Platz gemacht hat und die Mass ebenso leer ist wie der Teller, verliert sich ihr Umriss   im finsteren Hintergrund und überlässt den Blitzen das Feld. 

Ich begrüsse sie am nächsten Morgen wie eine alte Bekannte. Schloss Nymphenburg, Amalienburg (das Jagdschloss, mein Favorit), Badenburg (mit Hallenbad), Marstall mit der Kutschen-, Schlitten- und Porzellansammlung sagen ihr genauso zu, wie der leckere Kaiserschmarrn im nahegelegenen Metzgerwirt.

Auch beim Mutter-Tochter Shopping lässt sie mich nicht im Stich und steht mir am Sonntag frisch und munter auf meinem Rundgang durch die Ausstellungen im Schlossmuseum in Murnau zur Seite. Sie lässt sich nicht durch das Griesbräu danach beirren und verdirbt mir auf der Heimreise den Ausblick auf Schloss Neuschwanstein.

Zuhause angekommen, fahre ich den Computer hoch. Statt einer Terminanfrage bei meiner ferienhalber abwesenden Augenärztin, die mich von meiner Begleiterin befreien soll, folgt auf das Gespräch mit der hilfsbereiten Pflegefachfrau des Notfalldienstes ein Ausflug zum Augenspital, wo ich effizient, kompetent und mit Empathie untersucht werde.

Die erweiterten Pupillen gefallen meiner Gefährtin gar nicht - sie macht sich rar, nur um heute wieder zuverlässig zur Stelle zu sein.

Werde ich sie in ein paar Wochen vermissen?

15.07.20 - I love my granddad sandals

Ich habe mir die Sandalen im letzten Jahr in Trieste gekauft. Die kleinste Männergrösse, in Italien die 39, weiches Leder auf Gummi genäht, liess mich in Entzücken ausbrechen. Bequem lege ich darin blasenfrei ein paar Kilometer zurück. Das unsichere Trippeln über Kopfsteinpflaster und Kies entfällt und das Beste an den Dingern ist, dass sie nicht beim ersten Sommergewitter in ihre Bestandteile zerfallen. Sogar die schwarzen Söckchen, die ich ab und zu wegen der Klimaanlage trage, fallen, zumindest zu einer Hose, nicht gross auf.

Der Satz meines Vaters, man kauft die Schuhe nicht nach dem Kopf, hat sich als dauerhafte Erinnerung in meinem Gedächtnis eingebrennt. Als Kind sehnte ich mich nach schwarzglänzenden Lackschuhen wie sie die Töchter seiner italienischen Freunde trugen. Weisse Lederschuhe, die geschnürt werden mussten, zierten meine Füsse am Sonntag. Eine Variante in bescheidenem Braun musste für die übrige Zeit genügen.

Mit Erstaunen stellte ich in den 80-igern fest, dass dieser Traum aus Lack, sobald er mit Leder - ja, ich habe mir Vaters Standard zu eigen gemacht - gefüttert war, durchaus seinen Preis hatte. Die Schuhe habe ich getragen bis ihr Lack zu blind war, um noch erkennen zu können, dass sie «out» waren.

Leider bestehen die frechen Leder-Lack-Kombinationen, die seit ein paar Jahren verkauft werden fast 100-prozentig aus Kunststoff. Der kalte Schweiss, der da an meinen Füssen ausbricht, saugen auch keine Socken aus Seide oder Kaschmir auf.

Meine bald 60-jährigen Füsse sind dank vernünftigem Schuhwerk und Vater, frei von Hallux und Co., sehen noch immer gut aus und fühlen sich auch so an.

14.07.20 - Vom Aufschieben und Aufheben

Wer ist noch nie mit dieser Aussage konfrontiert worden: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Manchmal ist aufgeschoben trotzdem aufgehoben und manchmal ist das genau richtig.

Ich habe lange gebraucht, um diese Erkenntnis zu akzeptieren. Nicht mit Ausfällen zu hadern, fiel mir im Alltag leichter, obwohl gerade diese sich oft zur Unzeit kumulierenden Beschwernisse viel die grösseren Energieräuber sind. Ich stützte mich auf das Aussergewöhnliche, Einmalige, Unwiederbringliche, um dem Sog des Alltäglichen zu trotzen und war untröstlich, wenn diese Rettungsinseln untergingen.

Meine Resilienz hilft mir kreative Wege zu finden. Manchmal reichen Strategieanpassungen, manchmal braucht es eine Richtungsänderung, um dem Leben mehr Inhalt zu geben.

Deshalb: Ich verschiebe mein Leben nicht auf eine Zeit nach Corona, die es vielleicht nicht mehr so geben wird wie unmittelbar vor Corona.

12.07.20 - Vom Reisen

Obwohl ich auf ausgedehnte Reisen in exotische Länder, Arbeitserfahrung im Ausland und auf See, wie auch längere Sprachaufenthalte, zurückblicken kann, fühlte ich mich während des Covid-19 Lockdowns eingesperrt im eigenen Land. Nachbarländer zu entdecken habe ich aufs Alter verschoben. Nun ist es da, das Alter. Es zieht mich noch immer in die Ferne. Gleichzeitig habe ich durch den Garten, meine Lauftrainings und auf kunsthistorischen Exkursionen mit meiner Tochter, die nähere Umgebung und vor allem ihren Kultur- und Erholungswert, schätzen gelernt.

Wird es mich stören, wie früher, für eine Fernreise zu sparen, weil die Preise für Flugtickets ansteigen, längere Strecken mit Zug oder Bus zurückgelegt werden müssen, die Unterkünfte bescheidener ausfallen?

Sparen für einen Auslandaufenthalt, verbunden mit dem Erlernen der Landessprache oder zumindest dem Aneignen von Grundkenntnissen, Lesen, sich über Kultur und Geschichte informieren, erhöhen die Vorfreude und gehören für mich zu den Reisevorbereitungen.

Tagelang, wochenlang, monatelang war ich unterwegs mit mir und meiner Langsamkeit, mit Familie, Freunden, Fremden, Mann, Schwiegereltern und Tochter.

Ich bedaure diejenigen, die das Reisen auf die Zeit nach der Pensionierung verschieben. Wie will jemand ohne Reiseerfahrung im Alter auf eigene Faust ein fernes Land entdecken? Es fehlt der Erfahrungsrucksack in dem gekramt werden kann, um kritische Situationen zu entschärfen.

Machen wir uns nichts vor, Corona wird unseren Aktionsradius begrenzen, unserer Reiselust einen Dämpfer versetzen und unsere Freiheit nachhaltiger eindämmen als alle Umwelt- und Flugsteuern.

07.07.20 - Masken mit Tücken

Einzelne erscheinen mit dem montierten Gesichtsschutz am Bahnhof, andere ziehen das obligate Accessoire auf dem Bahnsteig an, nicht so die Raucher. Ein letzter gieriger Zug bevor die Zigaretten auf den Geleisen landen und die Mitreisenden den ausgestossenen Rauch in der S-Bahn, durch hastig aufgesetzte Masken, geniessen können. Ich finde einen Sitzplatz in sicherer Entfernung.

Das Babyblau im Gesicht meines Gegenübers wird in einen «Coffee to go» getunkt. Es verfärbt sich hellbraun. Neben dem Eingang zupft ein Jugendlicher verstohlen an seinem Frühstücksbrot. Mundgerechte Stücke verschwinden unter seinem schwarzen Tuch, das an Cowboymasken bei einem Banküberfall erinnert. Ein Trinkhalm schaut unter der Maske eines Bikers hervor. Er schlürft damit ein Getränk aus seiner Nuggelflasche. Zeitungsleser reiben ihre Brillengläser.

Produziert doch bitte Tücken mit wiederverschliessbaren Lücken.

Die S-Bahn hält. Ich steige aus.

7. Juli 2020 Recycling: Wildpflanze mit entsorgter Schutzmaske

25.06.20 - Sind Wörter an sich rassistisch?

Mit jeder weiteren Fremdsprache mit der ich mich beschäftige, steigt mein Interesse an der Muttersprache und an der Herkunft, Bedeutung, Verwendung und Weiterentwicklung von Wörtern.

Das Wort „Mohr“, eine veraltete Bezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe, das heute als stigmatisierend gilt, ist im 8. Jahrhundert aus dem althochdeutschen “mõr“ entstanden. Es bezeichnete einen Mauren (lateinisch Maurus), einen Bewohner Mauretanias (Nordwestafrika). Im 16. Jahrhundert fand eine Verallgemeinerung zur Bedeutung „Schwarzer“ statt. „Mohr“ wird heute nur noch im historischen Zusammenhang, in Zitaten oder in Eigennamen verwendet.

Sobald ein Begriff als Schimpfwort verwendet wird, „Mohrenkopf“ in der grossen Pause, „Neger“ als Übungswort im Text einer Erstklässlerin (Regen enthält genau die gleichen Buchstaben), etc., müssen wir, auch wenn wir die einzigen sind, die sich daran stören, handeln -  mit Wörtern. Wie sich die Bedeutung und Verwendung von Wörtern im Laufe der Zeit verändert, darauf sollten wir unsere Aufmerksamkeit richten und im Alltag achtsam mit unserer Sprache umgehen. Ich glaube fest daran, dass die Verinnerlichung dieser Achtsamkeit dazu beitragen kann, dass künftige Generationen frei von Rassismus und Sexismus aufwachsen.

11.06.20 - Social Distancing versus Personal Space

Mit räumlicher Distanzierung kann ich ganz gut leben. Sie gibt mir meinen persönlichen Freiraum zurück, meine Autonomie und Authentizität. Ich muss niemandem mehr körperlich nahe kommen, wenn ich das nicht will.

Meine Sozialkontakte will ich nicht missen. Sie sind inspirierend, regen meine Kreativität an, sorgen für Heiterkeit, Verbindung, Geborgenheit auch aus der Ferne und mit Abstand.

05.06.20 - Geburtstag meines Neffen

Unter Natur befindet sich ein weiterer Ordner: Garten.
Mein Garten bietet mir Raum für Experimente, lehrt mich Geduld, besänftigt meine Ängste und zeigt mir, dass es für nichts im Leben eine Garantie gibt, auch wenn Gärtnereien und Gartencenter Pflanzen mit Anwuchsgarantie verkaufen...

...entscheiden Kurzarbeit und Überbrückungskredite über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens in Zeiten von Corona?

Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, dass wir uns nochmals mit dem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigen sollten.

Mein Neffe hat es nicht einfach, obwohl er Gärtner ist. Ich wünsche ihm Mut seine Möglichkeiten auszuschöpfen damit er sich entfalten kann und seine Fähigkeiten zur Blüte kommen.

03.06.20 - Kurzgeschichten

Warum mag ich keine Kurzgeschichten lesen? Kaum habe ich mich in einer Geschichte bequem eingerichtet, mir alles bis ins letzte Detail ausgemalt und schwimme im Fluss der Handlung, taucht wie ein Hindernis der Schlusssatz auf.

Die Ausnahme, Stephen King, bestätigt mit seinen Kurzgeschichten, die Regel. In "If it bleeds" fühle ich mich nach den ersten Zeilen zuhause und lasse mich treiben von einer Erzählkunst, die inspiriert.

13.05.20 - Impfungen gegen COVID-19

Von Zeit zu Zeit frage ich mich wie unser Alltag aussehen wird, wenn ein hundertprozentig wirksamer Impfstoff zum Wunschtraum wird. Was bedeutet das für uns, wenn das Virus mit jeder Welle an Kraft gewinnt? Wie sieht Plan B aus, existiert der überhaupt? 

28.04.20 - Wildpflanzen

Ich mache kein Homeoffice und gehe jeden Tag zur Arbeit. Da ich mein eigenes Büro habe und vieles online erledige ist das kein Problem. Die Anreise mit der S-Bahn ist zurzeit recht angenehm. Auf dem Arbeitsweg muss ich nichts anfassen und wenn mir jemand auf die Pelle rückt, huste ich einmal kräftig. Da ich unter Heuschnupfen leide, fällt mir das leicht. Ich habe es satt, immer um den neuen Anstand zu betteln. Angst habe ich keine, ich jogge fast jeden zweiten Tag, ernähre mich gesund und überlasse den Rest meinen Abwehrkräften. Zu Kurzarbeit verdonnert, bin ich auch noch nicht, obwohl die meisten Events, die ich organisiere entweder abgesagt oder verschoben wurden, abwechslungsreiches Aufgabengebiet sei Dank.

Mir geht es gut, denn der angekündigte Regen hat meine frisch gesetzten Wildpflanzen ebenso erfrischt wie meine Stimmung.

27.04.20 - Lockerung am Tag eins

Nein, ich stehe nicht Schlange vor den Gartencentern, auch nicht für Setzlinge. Eine Auswahl an Wildpflanzen habe ich online bestellt, da auch die Wildpflanzenmärkte Opfer des Virus wurden.

Pro Natura Baselland führt mit der Unterstützung von Freiwilligen und teilweise in Zusammenarbeit mit lokalen Naturschutzvereinen seit 1995 im ganzen Kanton Wildpflanzenmärkte durch.

Seit ein paar Jahren passe ich meinen Garten dem Klimawandel an, experimentiere wild mit Kraut und Unkraut zwischen neuen Züchtungen.

In der Garage einer Privatperson, warten aufgereiht, die Töpfe aneinander geschmiegt, meine Pflänzchen. 

23.04.20 - Ausnahmezustand

Ich habe mich an die Begrenzungen des Virus gewöhnt. Dieses Vakum, in dem wir leben, hat auch seine guten Seiten. Ich schaffe es, grosszügig mit mir selbst umzugehen. Zum ersten Mal seit 20 Jahren, arbeite ich tatsächlich nur meine 90% und stelle fest, dass diese 10% mehr Freizeit, erheblich zu mehr Lebensqualität im Alltag beitragen. Diese Erkenntnis ist kostbar.

15.04.20 - Die Kehrseite der Entschleunigung

Ich brauche keine durch ein Virus verursachte Entschleunigung meines Alltags. Ich will, dass die durch Corona herbeigeführte Beschleunigung meines Arbeitswegs, beim Einkaufen oder Bummeln in der Mittagspause, schleunigst wieder verschwindet damit ich statt beschleunigt auszuweichen, wieder entschleunigt meinen Tagträumen, dem Balsam meiner Kreativität, nachhängen kann.

07.04.20 - Sich selber aushalten

Ich bin überrascht wie leicht es mir fällt, mich in Zeiten des Hausarrests zu mögen. Ein feines Buch von Doris Dörrie «leben, schreiben, atmen» hat mich dieser Tage angeregt in der Niederschrift von Autobiographischem nochmals eine Chance zu geben.

Ich verbringe ernsthafte Zeit mit Schreiben, der Garten und das Laufen bieten nach wie vor den Ausgleich zum konzentrierten Ausharren an den Bildschirmen.

03.04.20 - Kilos in Zeiten von Corona - Essen, Laufen, Garten

Meine Welt ist geschrumpft und trotzdem ist mir im Alltag mit der Arbeit im Büro, statt im Homeoffice, eine Struktur erhalten geblieben, 

ESSEN, besonders Schokolade, ist seit der Kindheit mein bevorzugtes Mittel, um mir Hausarrest, früher von den Eltern, jetzt staatlich verordnet, zu versüssen. 

LAUFEN: Spaziergänge über Mittag zu Grossverteilern mit den aufgetürmten Osterhasen, kurze Tempoläufe, Bergläufe, weil ich da auf weniger Menschen treffe, Longjogs am frühen Morgen bevor alle mit Kind, Kegel und Hunden unterwegs sind, lösen überlebenswichtige Glücksgefühle aus, halten Blutzuckerwerte und zusätzliche Kilos in Schach.

LANDI sei Dank! Über Ostern 100 Liter Humus unter die Erde schaufeln, wird die Bodenqualität enorm verbessern und dem Muskelschwund entgegentreten. Säen, Pflanzen, dem ausgetrockneten Holzzaun einen neuen Anstrich gönnen - es geht auch ohne Fitness-Studio, zumindest vorübergehend.

31.03.20 - Mittagspause

Ich vermisse die Merian Gärten. Wie alle botanischen Gärten, haben sie vor dem gekrönten Virus ihr Haupt beugen müssen und bleiben in der Jahreszeit, in der es für das ungeübte Auge am meisten zu sehen gibt, verriegelt.

Auf einer Parkbank verbringe ich bei schönem Wetter meine Mittagspause. Die Bücher, die ich dort lese, kann ich mir nicht ausleihen, die Bibliothek hat auf unbestimmte Zeit ihre Türen geschlossen. Allein der Apfel, den ich immer mittags esse, bleibt mir. Wo ich ihn neuerdings nach einem Spaziergang verzehre, verrate ich nicht.

26.03.20 - Spatzenkolonie

Nach nur drei Tagen finde ich das gelbe Netz des letzten Meisenknödels fein säuberlich durchtrennt und leer auf den Fliesen der Terrasse. Welcher Schnabel hat das geschafft?

Nach längerem Anstehen vor dem Coop fällt es mir an der Kasse plötzlich wieder ein, ich wollte Nachschub besorgen. Ich frage die Angestellte, ob sie noch Vogelfutter verkaufen dürfen. Sicher, meint sie, dort in den Regalen. Für die Spatzen, entgegne ich verlegen. Ja, ich weiss, dass der Winter vorbei ist und sich in meinem Garten genügend zum Aufpicken befindet. Die Kassiererin ruft eine Kollegin, die sich trotz Coronazeiten anerbietet, mir den gewünschten Artikel zu holen. Ich freue und bedanke mich.

Zuhause hänge ich einen Knödel in den Winterjasmin. Ich setze mich im Wohnzimmer in meinem Sessel und beobachte vergnügt wie sich die Spatzen mit aufgeregtem Zwitschern bei der Futterstelle versammeln, um munter drauflos zu picken. Adipös wippen die Vögel auf den Zweigen. Irgendwann sind sie so dick, dass sie nicht mehr fliegen können, denke ich, während ich in die Schale mit Schokoeiern greife. Ausgangssperre macht hungrig.

24.03.20 - Abstand

Alles scheint an diesem Samstagmorgen in Zweiergrüppchen mit zwei Metern Abstand unterwegs zu sein. Ich laufe so oft und so weit es meine Gelenke zulassen, alleine oder mit zwei Metern Abstand. So bewahre ich meine Gedanken davor in die Risikogruppe abzurutschen.

Am Samstag keuche ich mit meiner Tochter einen Berg hinauf. Unterwegs begegnen wir zwei Damen mit Rollator und Krücken. Sie plaudern mit zwei Metern Abstand und grüssen fröhlich. Wir treffen auf ein Herrchen mit Hund, der freundlich nickend zwei Meter Abstand schafft, um uns an der Birs vorbeizulassen. Auch die zwei Velofahrer, die den Berg hinunter sausen, halten die zwei Meter ein.

Plötzlich sind wir allein in einem Buchenwald. Schilder warnen vor herabfallenden Ästen, aus der Ferne dringt das Geräusch einer Motorsäge. Eine Lichtung mit Hochsitz tut sich vor uns auf. Wir geniessen einen Moment die Stimmung, kehren um und rennen auf einem Weg weiter, der sich steil nach oben windet. Idyllisch ist sie, diese Umgebung.

Im Nebel taucht ein Haus auf, energisches Hundegebell ist zu hören. Meine Tochter versteckt sich hinter mir. Woher kommt bloss ihre Angst? Sie ist mit Hunden aufgewachsen, die waren doppelt so gross, wie das Tier, das plötzlich vor uns steht. Es schnuppert und bellt, ein normaler Bauernhofhund. Spitze Fingernägel krallen sich in meinen Oberarm. Eine schrille Stimme schreit um Hilfe, die ich überrascht zum Schweigen bringen will. Der Hund sieht nicht gefährlich aus. Die Bäuerin erscheint. Abstand halten, mahnt sie streng, er bewacht nur den Hof, der Wanderweg führt am Haus vorbei, ruft sie uns zu. Wir rennen weiter bis zur Strasse. Ein selbstgemaltes Schild informiert, dass der Hofladen bis auf Weiteres geschlossen ist. Die Arme, denke ich.

Von gelben Wanderschildern an einer Verzweigung zur Entscheidung gedrängt, lassen wir Hochwald rechts liegen und springen ein Stück auf der Gempenstrasse den Berg hinunter. Unerwartet schnell fahren Autos an uns vorbei, sodass wir auf einen schmalen Naturpfad ausweichen, der abwärts nach Dornach führt. Eine umgestürzte Tanne versperrt den Weg und wir landen im Dickicht. Das Lauftempo aufrecht zu erhalten, ist für die nächsten 800m kaum möglich. Wir treten aus dem Wald. Vom Parkplatz gegenüber erkundigt sich eine Frau in Laufkleidung, ob wir einem Mann in blauer Jacke begegnet sind. Vielleicht hat er sich verlaufen, sage ich. Nein, ihm sei das Gebiet bestens vertraut, bekomme ich zur Antwort.

Meine Tochter friert, erhöht ihr Tempo, kaum sind wir wieder an der Birs und ich schleiche mit mehr als zwei Meter Abstand hinterher. Zuhause sind wir nach 13 km und den mit Abstand längsten gelaufenen zwei Stunden.

20.03.20 - Habt Dank

LKW-Fahrer, Verkaufspersonal, freiwillige Helfer*innen, Personal das sich in den Krankenhäusern um den Unterhalt der Anlagen und Installationen etc. kümmert wie Elektriker, Sanitär, etc., Reinigungspersonal und Personen, die selbstlos Nachbarschaftshilfe betreiben und uns dadurch ein Stück Alltag schenken.

20.03.20 - Tulpen

Ich mag keine Tulpen. Seit vierzehn Jahren arbeite ich im Garten, der früher das Reich meiner Mutter war. Lange versuchte ich diese Gewächse, die durch den Klimawandel immer schneller verblühen, loszuwerden. Sobald ihre dicken Blätter gelb verfärbt zu Boden knickten, grub ich die Zwiebeln aus und entsorgte sie.

Die rotgelbe Tulpe im Vorgarten kündigt den Frühling an. Trotzig streckt sie mir ihren Kopf entgegen. Da bin ich wieder. Kaum ist sie verblüht - das hat in diesem Jahr länger gedauert, weil es kühler war, - tauchen in allen Beeten ihre Kolleginnen auf. Inzwischen begrüsse ich sie wie alte Freundinnen und spüre dabei das Lächeln meiner Mutter.

19.03.2020 - Während die Altersgruppen zwischen 25-59 Jahren brav die Grundversorgung und Wirtschaft aufrechterhalten, tauchen Virusträger und Risikogruppe im Coronateich ab. In Horden geniessen rüstige Rentner das schöne Wetter beim gemeinsamen Bocciaspielen, Wandern, Radfahren und setzen sich über alle Regeln des "Social Distancing" hinweg. Die kleinen Virusträger bevölkern in Scharen die Spielplätze, spielen Fussball, vor die Türe geschickt von ihren zu Home Office verurteilten Eltern, die für einmal die Betreuung ihres Nachwuchses weder Kitas, Kindergärten noch Schulen überlassen können. No risk, no fun - scheint zum Motto der Alten zu werden.

16.03.2020 - Vorsorge

Ich habe es nicht mehr rechtzeitig geschafft, mich in der Bibliothek, die mindestens bis zum 4. April geschlossen hat, mit Lesestoff einzudecken. Das bedeutet, dass ich auf die Klassiker zurückgreifen werde, die sich im Zimmer meiner Tochter stapeln.

Hamstereinkäufe liegen mir nach wie vor fern, trotzdem vermisse ich eine hautneutrale Flüssigseife, die jetzt überall ausverkauft ist. Meine Neurodermitis wird neue Blüten treiben.

Über den Mittag ist ein Besuch im Baumarkt angesagt. Dort will ich Material, nur soviel ich verarbeiten kann, für meine zukünftigen Projekte in Garten und Haus besorgen. Saatgut, Lasuren, Möbelpolitur, etc.

13.03.2020 - Absagen

Wie Gewitterwolken hängen Absagen drohend über Events, die lauftechnisch noch in weiter Ferne liegen.

Falls sämtliche Fussballspiele, Konzerte etc. in den Virus-Tümpel fallen und Kinos, Restaurants, Bars, Clubs und Fitness-Studios ihre Türen verbarrikadieren müssen, kommt Langeweile auf.

Es bleibt das individuelle Training. Die Laufschuhe schnüren, einfach losrennen, alleine oder in Begleitung - immer schön auf Distanz gehen - und dabei die wärmende Frühlingssonne im Gesicht spüren - was gibt es Schöneres?

Vitamin D und klimaneutrale Ertüchtigung laden zum Widerstand gegen COVID-19 ein.

10.03.2020 - Zeit

Es ist ruhig in den Strassen und auf den Plätzen der Stadt. Menschen halten Abstand.  Personen mit Altershusten und triefenden Heuschnupfennasen werden misstrauisch beäugt. 

Terminkalender füllen sich mit Lücken. Unser Sozialleben wehrt sich gegen das Virus indem es den Atem anhält. 

02.03.2020 - Hamstereinkäufe

Ich habe selten Lust, einen Kuchen zu backen, doch nach drei freien Tage wollte ich mich in die Küche wagen. Mein Mann ist der Bäcker und Koch in der Familie und eigentlich auch für die lästigen Lebensmitteleinkäufe zuständig. Er erledigt das normalerweise alles brav. Die Weihnachtsbäckerei gehört zu meinen Aufgaben und auch die Meldung danach, welche Vorräte wieder aufzustocken sind. Ich habe es vergessen und festgestellt, dass uns das Mehl ausgegangen ist, als ich dieses zu den übrigen Zutaten beifügen wollte. 

Ein Blitzbesuch beim Grossverteiler in Homewear und Wintermantel sollte Abhilfe schaffen. Wo sonst das Mehl zu finden ist, gähnte mir Coronapanik entgegen. Sie hat ganze Arbeit geleistet.

Was nützt es kiloweise Mehl zu horten, wenn nötige Zutaten fehlen? - Wer will schon jeden Tag Scones essen oder Maden züchten?

29.02.2020 - Schalttag mit Coronavirus

Die Pandemie ist angekommen an diesem geschenkten Tag, der uns in diesem Jahr drei zusätzliche Arbeitstage beschert.

Ich bin betrübt, dass der Reusslauf, wie alle Grossveranstaltungen mit mehr als
1000 Personen, eine willkürliche Zahl, abgesagt wurde. 11km können gelaufen werden, ohne dass zwingend öffentliche Toiletten zur Verfügung stehen müssen. Auch der Flüssikeitsverlust hält sich auf dieser Strecke in Grenzen. Wer trotzdem während einer Stunde nicht auf Wasser verzichten kann, hat seine persönliche Nuggelflasche dabei.

Ich fühle mich eingeschränkt in meinem Bedürfnis nach Autonomie, meinem Recht darauf selber für mich die Verantwortung übernehmen und das Risiko eingehen zu wollen am Virus zu erkranken.

Eingepfercht in öffentlichen Verkehrsmittel, werde ich in der "Rush Hour" angehustet von links und rechts. Auf die konsequente Handhygiene in einem Bürogebäude mit 1000 Mitarbeitenden will ich mich ebenso wenig verlassen, wie auf Geldscheine, die den Besitzer wechseln oder auf die sieben Zwerge, die dem medizinischen Militärpersonal den Ausgang auf dem Kasernenareal schmackhaft machen.

Der Aktienmarkt und sinkende SMI lassen den Gedanken aufkeimen, ob meine Altersvorsorge in der Matratze nicht besser aufgehoben wäre?

Verschwörungstheorien und Panikmache eignen sich als Futter für Geschichten und Filme.

26.02.2020 - Coronavirus-Hysterie

Schutzmasken, Desinfektionsmittel, Mobbing, Hamstereinkäufe, habe ich etwas vergessen? Natürlich, den gesunden Menschenverstand und die konsequente Handhygiene.

Nein, Wasser und Seife haben nicht ausgedient und sind vermutlich wirksamer als das Beträufeln der Hände mit Desinfektionsmittel.

Was mich irritiert, ist nicht die Letalität, die in meiner Altersgruppe deutlich ansteigt, sondern die fehlende Information, wie viele infizierte Personen das Coronavirus mit Bettruhe und genügend Flüssigkeit  überlebt haben. 

Mein Rücken behindert mich mehr.

24.02.2020 - gute Zeiten, schlechte Zeiten

Mich an guten Zeiten erfreuen zu können, daran hindert mich seit Wochen mein Rücken. Er lässt mich nicht durchgehend leiden sondern schlägt wohl dosiert zu. Das stundenlange Sitzen vor dem PC im Büro hilft ihm, die Linderung zunichte zu machen, die ich mir selber durch therapeutisches Rückentraining verschaffe. Ich habe jahrzehntelange Erfahrung mit Übungen für jede Phase, komprimimierter Ischias, verspannte Rückenmuskeln oder Faszien, lange bevor letztere in Mode kamen.

Meine Hose ziehe ich im Liegen an, ich kann momentan weder die Beine zu fest anwinkeln, noch die Füsse bis zu den Knien hochheben. Nach jeder Stunde, die ich sitzend verbringe, gehe ich ein paar Schritte. Kopiergerät, Getränkeautomat, die Postfächer am Empfang, die Materialausgabe, sie alle heissen mich willkommen. Zweck und Nützliches miteinander zu verbinden, lautet mein Motto. Die Kaffeepause geniesse ich seit Jahren am Stehtisch. In der Mittagspause und nach Feierabend laufe ich den schlechten Zeiten davon.

Ich will stehen, mich bewegen oder mit hochgelagerten Beinen auf dem eingesalbten Rücken liegen und mit Unterstützung eines Schmerzmittels entspannen, denn jeder Atemzug erinnert mich daran, dass die guten Zeiten noch fern sind.

20.02.2020 - Frühlingsboten im Februar

Blühende Schneeglöckchen und Märzenbecher sind die Norm im Februar.

An die Osterglocken und Iris, die ich vor zwei Tagen in meinem Garten entdeckt habe, muss ich mich noch gewöhnen.

17.02.2020 - Ritrovare il vocabolario italiano

Da quando ho ricominciato di leggere in italiano, emergono le parole italiane dimenticate da tempo dalla mia memoria. Più che altro rinasce l'Italia della mia infanzia mentre sto leggendo i libri di Elena Ferrara.

11.02.2020 - Follower oder Stalker?

Gibt es da einen Unterschied? Ja, Following ist erwünscht und Stalking ist strafbar.

Folge ich noch oder stalke ich schon? Ich vermute die Grenzen verwischen sich immer mehr. Was früher als inakzeptabel galt, wird heute im Zeitalter von Influencern und sozialen Netzwerken begrüsst. Je mehr elektronische Zuwendung ich erhalte, umso erfolgreicher bin ich. - ICH BIN -

13.01.2020 - Elena Ferrante - L'amica geniale

Nachdem ich die Verfilmung von "meine geniale Freundin" (erstes Buch) von Elena Ferrante gesehen habe, entschloss ich mich, alle vier Bände im Original zu lesen. In einer zeitgemässen Sprache verfasst, liest sich der Text leicht, auch für Personen, deren Muttersprache nicht Italienisch ist. Die Geschichte erzählt von einer Frauenfreundschaft. Der erste Teil, «Meine geniale Freundin» handelt von der Kindheit und der frühen Jugend der beiden rivalisierenden und trotzdem unzertrennlichen Mädchen im Neapel der fünfziger Jahre. 

Normalerweise verzichte ich darauf, Bücher zu lesen, deren Inhalt mir bereits aus Filmen bekannt ist. Die Verfilmung des ersten Bandes hat jedoch meine Neugierde geweckt wie die Geschichte weitergeht. Der Film lehnt sich sehr eng an den ersten Teil an und ich bin gespannt auf die weiteren Bände.

23.01.2020 - Januar

Die Dunkelheit hat meinen Tagesrhythmus fest im Griff, die Januartage fliessen endlos zäh an mir vorbei. 

Woher die für ALLES fehlende Motivation auftreiben?

Ich versuche es mit Disziplin. Mein Berufsalltag ist durchstrukturiert und erledigte Aufgaben werden auf Checklisten abgehakt. Soziale Aktivitäten baue ich in meinen Tagesablauf ein, ebenso Spaziergänge im Park. Ernährung und Essgewohnheiten stimme ich sorgfältig mit meinem Lauf- und Krafttraining ab. Ich nehme teil an den Gruppentreffen, die mich in der Vergangenheit immer beflügelt haben und gönne mir Zeit, um zu lesen. 

Mein Schlafbedürfnis lässt nach, körperlich fühle mich wohl, doch die freudige Energie, die mich in vergangenen Jahren begleitet hat, stellt sich so wenig ein, wie die Lust in die Tasten zu hauen, um die Geschichten, die ich mir ausdenke, festzuhalten.

Tempus fugit amor manet.

08.01.2020 - Das Hildebrandhaus in München

Das Hildebrandhaus in München haben wir zum ersten Mal auf Anregung und mit unserer Tochter im Sommer 2018 besucht. Das Thema EVAS TÖCHTER Münchner Schriftstellerinnen und die moderne Frauenbewegung 1894 – 1933 hat uns ebenso fasziniert wie die bewegte Geschichte des Gebäudes und seiner Bewohner.

Zwischen den Jahren verbrachten wir fast einen ganzen Tag dort, denn die Einzelausstellung der Monacensia über das Leben und Werk von Erika Mann (1905-1969), der ältesten Tochter von Katia und Thomas Mann, hat uns fasziniert. Im Mittelpunkt steht Erika Manns Eintreten für Freiheit und Demokratie. Die Entwicklung Erika Manns zur Kabarettistin, Kriegsreporterin und politischen Rednerin ist bemerkenswert.

01.01.2020 Das neue Jahrzehnt

Perfekt, weil noch nicht gelebt, breiten sich die Tage des neuen Jahrzehnts vor mir aus.

27.12.2019 - Magische Zeit zwischen den Jahren

Seit ich denken kann, ist für mich der Zeitraum zwischen dem 21. Dezember (Wintersonnenwende) und dem 6. Januar etwas Besonderes. Die Zeit scheint still zu stehen, unabhängig davon, ob ich arbeite, reise oder ob unverplante Tage und Nächte vor mir liegen. Für einmal kann ich sogar meine winterliche Energieräuberin, die Dunkelheit, willkommen heissen und mich ganz auf die Gegenwart konzentrieren. Meine lieben Verstorbenen sind in diesen Tagen nah und ich fühle mich tief mit ihnen verbunden.

06.12.2019 - Weihnachtsbäckerei

Jedes Jahr verwandle ich unsere Küche, in der ich nur im Dezember länger anzutreffen bin, in eine Bäckerei. Meistens beginnt die Backorgie mit ganz prosaischen Vorbereitungen – Aufräumen und Platz schaffen. Der Gewürzschrank wird herausgeputzt und ein Inventar der Spezereien erstellt. Gemahlene Mandeln mit Haut und ohne, Pistazien- und Pinienkerne, gemahlene Haselnüsse, Orangeat, Vanilleschoten und Oblaten habe ich besorgt. Die Pfeffernüsse, die ich für den «Chlausenteller» heute Abend gebacken habe, sind gut gelungen. Es duftet nach Advent sobald ich den Deckel der Blechbüchse abnehme. Mein Mann hat sich im November darum gekümmert, dass wir genügend Mehl, Zucker, Puderzucker und Butter vorrätig haben. Auf spezielle Zutaten wie Backmandelmasse, Nougat etc. mache ich nur Jagd, wenn ich Lust habe, etwas Besonderes zu backen.

Die tatkräftige Unterstützung meiner Tochter wird mir dieses Jahr fehlen. Ihre Prüfungen haben Vorrang. Auch auf die Weihnachtslieder der Andrew Sisters werde ich deshalb verzichten müssen. 15 Sorten ist mein absoluter Rekord, alleine kann ich weniger produzieren, macht nichts, wir sind eh alle zu dick. Doch eine neue Sorte pro Jahr zu backen, hat bei uns Tradition. Ich habe mich für Kardamonplätzchen entschieden, das Rezept habe ich von meiner Arbeitskollegin erhalten.

Die Rezepte ändere ich gelegentlich nach meinem Geschmack ab und wenn das Backwerk ankommt, werden sie im Januar dauerhaft angepasst. Nur von den Originalrezepten meiner Mutter und Tanten lasse ich die Finger - sie bleiben wie sie sind. Zu viele Emotionen sind mit ihnen verknüpft, das gilt für die Herstellung ebenso, wie für den Duft und den Geschmack des Weihnachtsgebäcks.

05.12.2019 - Entscheidungen

Seit ich mich erinnern kann, ringt in meiner Brust die Sicherheit mit der Abenteuerlust, sobald wichtige Entscheidungen anstehen. Oft warte ich bis mir das Leben einen Tritt versetzt. Zum Glück reicht manchmal ein «Gedankenschubser» damit sich das Karussell weiterdreht. Entscheidungen treffen – ich finde sie nicht einfach so, vor allem wenn sie treffend sein müssen, ohne ins Herz zu treffen. In der Hoffnung, dass niemand erschlagen wird, müssen manche Entscheidungen wie morsche Bäume gefällt werden. Mit einer Entscheidung, die reifen kann wie ein Wein im Eichenfass, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht optimal erscheint, kann ich mich anfreunden. Vorsichtiger Optimismus könnte den Entscheidungen, ohne dass sie im Leichtsinn enden, eine spielerische Leichtigkeit verleihen. Andern die Entscheidung zu überlassen, entpuppt sich ab und zu als Geschenk, das zurückgewiesen wird. Trotzdem möchte ich nicht zu meinen Entscheidungen gedrängt werden, ich will zu ihnen stehen können und räume ihnen deshalb die nötige Zeit ein.

30.11.19 - Der letzte Herbsttag

Sieben Uhr ist zeitig um diese Jahreszeit, vor allem am Wochenende. Nach einem Blick auf mein Dekomaterial wusste ich genau, was ich für den Adventsschmuck noch benötigen würde - ein paar Tannenäste und Miniaturweihnachtssterne, die schnell besorgt waren. Föhrenzapfen sammle ich sobald ein Gewitter sie von den Ästen fegt,  alles andere ist in meinem Garten angepflanzt. Kurz nach Mittag waren die Gestecke fertig. Zwei davon sind vor dem Küchenfenster, das ich zuvor noch geputzt habe, platziert. Ich erfreue mich an ihrem Anblick und hoffe, sie werden bis Weihnachten dem Wind trotzen.

Endlich hat der Wind die Bäume vom Laub befreit. Die schwachen Sonnenstrahlen wärmen mir das Gesicht während ich die Blätter vom Rasen in die Beete reche. Es riecht nach Winter.

Nach einem Imbiss ziehe ich meine Laufkleidung an und mache mich auf den Weg. Es kostet Überwindung die gemütliche Wärme zu verlassen. Erst am Vorabend habe ich mich doch noch für den Stadtlauf angemeldet. Im Tram werde ich von der Vorfreude anderer Läufer angesteckt. Ich kämpfe mich durch die Menschenmassen auf dem Münsterplatz zur Startnummernausgabe. 8101 ist schon gelaufen, erfahre ich nach der erfolglosen Suche einer Helferin von ihrer Kollegin am Computer. Ich will wissen, ob ich eine gute Zeit hingelegt habe. 26 Minuten, lautet die Antwort. So schnell bin ich nie, sage ich mit einem Lächeln und bekomme die 7417, passend zum 37. Basler Stadtlauf. Die erste Nummer gefiel mir besser. Der Geburtstag meiner Tochter ist darin enthalten. 

Die letzten Minuten vor dem Start verbringe ich wie andere Läufer auch, an einem Weihnachtsstand in der Wärme. Kerzen flackern hinter filigranen Scherenschnitten im Appenzellerstil in Miniaturmilchkannen geschnitten. Ich kann mich kaum losreissen und bin begeistert von den originellen Laternen.

Der Stau beim Start ermöglicht mir die Atmosphäre zu geniessen und ich stelle fest, dass mir das Laufen leichter fällt als in letzten Wochen, trotz ziemlich unerträglichen Rückenschmerzen. Ich wehre mich dagegen, mich von der Masse der Läuferinnen vorwärts treiben zu lassen und halte stur an meinem Tempo fest. Mit Leichtigkeit bringe ich die erste Runde hinter mich und werde von einer meiner Laufkolleginnen der Montagsjogger, die sich unter den Zuschauern befindet, angespornt. Diejenigen die mich hinter sich gelassen haben, hole ich nun auf der Wettsteinbrücke wieder ein. Mit der zweitschlechtesten an einem Stadtlauf gelaufenen Zeit (37.40.6 wieder passend zur neuen Startnummer), komme ich zufrieden und entspannt im Ziel an.

 

 

29.11.2019 - Vorboten der Adventszeit

Für mich beginnt die Adventszeit am 30. November. Der Tag war der Geburtstag meiner Schwiegermutter, die vor zwei Jahren verstorben ist und Weihnachten über alles liebte. Kerzenlicht an nebliggrauen Novembertagen waren in ihrem Stübchen Vorboten der Adventszeit. Die Gewohnheit, im November Licht in düstere Stunden zu bringen, habe ich übernommen.  Sie hilft mir, neben Gartenarbeiten und Joggen, den Herbstblues zu verkürzen und auf Januar zu verschieben. 

Geschützt vor Lichterketten und grellen Solarleuchten, verschlafen die Igel in meinem Garten den Winter zwischen Laub und Moos unter der mit Grünspann überzogenen Waschmaschine aus Grossmutters Zeiten.

Hinter dem Adventkalender für meine Tochter verstecken sich 25 Jahre Tradition. Einfache Holzspannschachteln habe ich auf ein Samtband aufgenäht. Als Zweijährige klaubte sie jeden Morgen eine Winzigkeit aus den Schachteln. Später wurden darin Quizfragen versorgt. Jeden Abend wurde die Antwort gegen ein Geschenk eingetauscht. Seit zehn Jahren sind es Adventpäckchen, angereichert mit allem, was eine vielbeschäftigte, konsumscheue, junge Frau, an Dingen für den täglichen Bedarf benötigt. Die Verpackung ist eine Herausforderung, was das Recycling betrifft. Papier, Schachteln, Schleifen, die ich sammle und die immer wieder zu mir zurückfinden, kommen zum Einsatz. Ich erfreue mich noch ein paar Tage am Ergebnis bevor ich die Geschenke überreiche.

25.11.2019 - Advent -> Zeitspanne in der man muss, damit man darf -> Weihnachten

Immer früher wird um die Kaufkraft in der Weihnachtszeit gebuhlt. Die Marketingkampagne liegt spätestens am längsten Tag des Jahres bereit zur Umsetzung. Geschichten müssen her. Klimawandel zum Trotz, werden im Hochsommer Landschaften in Billiglohnländern für Filmaufnahmen auf Winter-Wunderland getrimmt. Welche Chemikalien da wohl für den Kunstschnee zum Einsatz kommen? Schauspieler werden eingeflogen und Tiere – die kommen immer gut an – organisiert und für den grossen Auftritt abgerichtet. Weder Grossverteiler noch Einzelhandel wollen sich das Geschäft des Jahres entgehen lassen.

Als ich im Dezember 1996 mit meiner Familie durch Floridas Orangenhaine fuhr und das Radio bei sommerlichen Temperaturen «I’m dreaming of a white Christmas» plärrte, mutete mich die Situation surrealistisch an.

November 2019 und im Gartencenter spriessen neben dem Elch aus Tannenzweigen verschämt die ersten Primeln. Während die «Messmocken» zum halben Preis abgestossen werden, sind die «Guetsliteige» im Angebot erhältlich. Die Grossverteiler liegen im Wettstreit um umweltfreundliche Lebensmittel und Verpackungen, um sich dann diese Produkte als klimaneutral zertifizieren zu lassen. Erste digitale Adventskalender locken mit Angeboten und Belohnungen, die keine sind.

Ich träume nicht von weissen Weihnachten, sondern von einem Hauch Normalität.

15.11.2019 - Bepflanzung auf Kinderspielplätzen

Hinter dem Schulhaus und vor meinem Haus, befindet sich ein Kinderspielplatz. Er wurde neu angelegt und lädt auch Erwachsene zum Verweilen ein. Die Bepflanzung scheint noch nicht abgeschlossen zu sein.

Ich frage mich, weshalb die Umgebung, die Rabatten der Spielplätze und Schulanlagen nicht mit pflegeleichten Stauden wie Johannisbeeren, in allen Farben (Ribes nigrum, Ribes rubrum), filziger Apfelbeere (Aronia arbutifolia) schwarzer Apfelbeere (Aronia melanocarpa) oder Felsenbirne (Amelanchier), bepflanzt werden. Robuste Stauden, die zum Teil zu Bäumen heranwachsen, deren Blüten im Frühjahr die Bienen erfreuen, deren Beeren im Sommer abgeerntet werden können von Kindern oder Vögeln, deren Laub im Herbst in allen Farben leuchtet und deren Holz es nicht übel nimmt, wenn für das Spiel einmal ein Zweig abgezwickt wird.

12.11.2019 - Der Zeit Raum geben

Das Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, untergebracht im Grillparzerhaus in Wien, entdecke ich eher zufällig. Ziellos streife ich nach dem Mehlspeisen-Frühstück an einem nasskalten Januartag durch den ersten Bezirk. Ich suche nach Anregung, um die paar Stunden vor der Heimreise zu füllen.

Zeit totschlagen «Gewalt-ig» die Formulierung für etwas, das im Alltag fehlt - mit einer Jagd auf Schnäppchen, die ich nicht brauche - als Zeitvertreib, obwohl kostbare Zeit nicht vertrieben werden will.

Während Schneeflocken es sich auf den Wimpern gemütlich machen, gleitet mein Blick über verspielte Fassaden historischer Gebäude und bleibt an einer weissen Fahne mit schwarzer Schrift hängen. Literaturmuseum lese ich und trete über die Schwelle. Ein Kleinod mit Jahrgang 2015 umarmt mich.

Die Zeit setzt Grenzen. Die Dauerausstellung nährt mich und die Zeit verrinnt während ich am Lesen und Hören bin. Ich muss mich losreissen und schaffe es gerade noch rechtzeitig zum Bus mit dem festen Vorsatz mir beim nächsten Besuch mehr Zeit einzuräumen. Lesungen, vergessene Autorinnen, Sonderausstellungen – bis jetzt hat mich das gesamte Angebot begeistert und inspiriert.

Bücher, Lesen, Gedanken reifen lassen, Schreiben – Die Zeit dafür lässt sich finden. Manchmal muss ich sie mir nehmen oder im schlimmsten Fall stehlen.

05.11.2019 - Schmerzen und Dankbarkeit

Meine Woche platzt aus allen Nähten. Jeder Abend ist verplant. Mein Rücken scheint sich dagegen zur Wehr zu setzen. Heute Nacht brachte ich es sitzend auf eine Stunde Schlaf. Dementsprechend gereizt bin ich, bei allem, was nicht so läuft wie ich das gerne hätte. Ich bin dankbar, dass ich normalerweise mit Bewegung und sportlicher Betätigung meine Schmerzen im Alltag unter Kontrolle habe. Doch seit gestern Morgen haben sie mich fest im Griff. Mit mehr Achtsamkeit mir gegenüber, versuche ich mich daraus zu befreien.

31.10.2019 - Neugier - Gier auf Neues

In den "Nullerjahren" habe ich es endlich geschafft, die Scham abzulegen, die mich oft gehindert hat, mich mit unbekannten Bereichen zu beschäftigen. Die Gier auf Neues hat mich von Kindesbeinen an begleitet, doch aus Angst mich lächerlich zu machen, hielt ich an Vertrautem fest.

Es ist ok Fehler zu machen. 

30.10.2019 - Boreout versus Burnout

Wenn die Sinnhaftigkeit im Leben fehlt - die Kehrseite des Burnouts

An ständiger Unterforderung und Langeweile -> Boreout, kann man genauso erkranken wie an negativem Stress und Überforderung, -> Burnout. Die Anzeichen und Symptome scheinen sich zu ähneln.

Die Ursachen sind vielfältig wie beim Burnout, fehlende Perspektiven, monotone Arbeitsabläufe, Konflikte, unfaire Behandlung der Mitarbeitenden, Mobbing, keine Zielvereinbarungen, etc.

Ich behaupte, dass von einem Boreout vorwiegend Menschen ab 50 betroffen sind, weil in sie nicht mehr "investiert" wird. Sie nehmen seltener an Schulungen teil, spannende Aufgabenbereiche werden jüngeren übertragen. Von der fehlenden Wertschätzung des Arbeitgebers ist es nicht mehr weit bis zur Motivationslosigkeit des Arbeitsnehmers.

Die fehlende Motivation führt zum Rückzug, krankheitsbedingten Absenzen, Dienst nach Vorschrift, innerer Kündigung und endet oft mit der Entlassung der Mitarbeitenden.

Boreouts wie Burnouts verursachen höhere Kosten als Unterstützung, Weiterbildung, Förderung und eine gute Kommunikationspolitik.

 

 

28.10.2019 - Biografien

Gibt es authentische Biografien - oder vermischen sich Fakten, Wunschdenken, Beschönigung, dichterische Freiheit nicht zu einem Gebilde, das sich entfernt hat von der ursprünglich wahrhaftigen Lebensgeschichte?

25.10.2019 - Nachruf

DU warst mir in den fast 19 Jahren unserer Zusammenarbeit ein treuer Begleiter. Nicht vom ersten Tag an - wir mussten uns zusammenraufen, um die vermeintlich gegensätzlichen Qualitäten des anderen akzeptieren zu können. Die vielen Veränderungen, die wir gemeinsam überstanden und Probleme, für die wir Lösungen gefunden haben, schweissten uns im Kalkulationsteam zusammen. Der persönliche Austausch über alles Mögliche, Erlebnisse, die uns erfreuten oder traurig stimmten, verband uns freundschaftlich. Ich werde dich am Weihnachtsapéro, auf dem Kalkulationsausflug und an den Mitarbeiteranlässen vermissen – das Wichtigste für dich war immer, ob ein anständiges Bier ausgeschenkt wird, was beim letzten Anlass nicht möglich war, sorry - doch dein Filmchen auf Facebook bestätigt, dass dir der Event gefallen hat. Der Stammtisch im Bier-Johann, zu dem du mich mitgenommen hast, war ein besonderes Erlebnis. Leider können wir den nächsten Termin im November nicht mehr wahrnehmen, es fehlt einer - DU

24.10.19 - Herzlichen Dank Andi

Ich freue mich über Rückmeldungen zu meinen Gedanken und Texten.

Weil ich die Qualität meiner Texte kontinuierlich verbessern möchte.
Weil ich meine Gedanken ordnen möchte.
Weil mich Kommentare  inspirieren.

Bis jetzt habe ich noch nicht herausgefunden, wie ich auf meiner Gratis-Webseite einen Kommentar beantworten kann. Das funktioniert vielleicht nur, wenn ich ein Abo löse.

24.10.19 - Wenn Personen, Namen, Zahlen,

Ländern, Städten, Monaten, Tagen und so weiter, Farben zugeordnet werden können, das Jahr sich als Elipse und die Woche sich in Gedanken als Treppe oder was immer darstellt, nennt sich das Synästhesie. Das hat mir meine Tochter vor rund zehn Jahren erklärt. Ich musste fast 50 Jahre alt werden, um zu erfahren, dass es nicht allen Personen so ergeht wie mir. Von Klein auf betrachtete ich meine mehrschichtigen Wahrnehmungen deshalb als nicht erwähnenswert. In der Schule zeichnete die anderen Kinder einen Jahreskreis in dem die Monate jeder Jahreszeit mit der gleichen Farbe ausgemalt wurden. Mein Jahr war eine Elipse und jeder Monat erhielt meine Farben. Bei der Lehrerin kam das nicht gut an, sie meinte ich hätte die Aufgabe nicht begriffen.

Ich kleide mich mit Vorliebe in schwarz, grau, weiss oder in einem einzigen Farbton. Für Muster kann ich mich wenig begeistern, da sich die Welt in jeder Facette bunt von mir abhebt.

Oktober 2019 - Eine geballte Ladung Leben und Tod

Der Oktober 2019 überflutet mich mit Todestagen, Geburtstagen, Abschieden, Abschlüssen, besteht durch seine Fülle auf Reaktion und Handeln. Innehalten zum Durchatmen und zur Reflektion verschiebe ich auf später. Menschen gehen, hinterlassen eine Lücke, die sich irgendwann füllt wie ein Wasserloch nach dem Regen – womit wird sich zeigen.

12.10.19 - Durch den Rebberg

Er ist angekommen, der Herbst. Blaue Kisten stehen im Rebberg bereit und warten auf die Trauben, die wie das pralle Leben am Rebstock hängen. Fröhliches Gelächter holt mich ein als ich auf meiner Runde durch den Rebberg laufe. Die Helfer versammeln sich am Treffpunkt. Ich kann mich nicht entscheiden, welche Jahreszeit die schönste ist, an diesem Ort, der mich von Kindesbeinen an umgarnt. Obwohl mich die flüssige Variante der Trauben am meisten anspricht, sei es als "Suuser", "Federweiser", "Sturm" oder als gewöhnlicher Wein, habe ich, wohin auch immer es mich verschlug, keine Gelegenheit ausgelassen bei der Traubenernte mitzumachen.  

02.10.19 - Momentaufnahme

Neunundfünfzig - Die 50-iger verabschieden sich, ein ganzes Jahr lang, Tag für Tag, Minute für Minute, Sekunde für Sekunde, bevor die Türe am 2. Oktober 2020, 11.28 Uhr leise ins Schloss fällt. Drücken, ziehen und mich stossen an Türen, die verschlossen sind, ganz reale und solche in meiner Vorstellung, darin bin ich Weltmeisterin. Manchmal versuche ich den Durchgang oder Einlass ohne Fingerspitzengefühl zu erzwingen, um bei erschöpftem Innehalten festzustellen, dass eine leichte Drehung oder eine anderer Blickwinkel den Weg freigeben. Der Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt ermutigt mich, nicht gegen das Zuschnappen dieser Tür aufzubegehren.

27.08.19 - Grüne Lunge

Während sich die Grüne Lunge zur Raucherlunge entwickelt, bezeichnet Guy Parmelin das Abkommen mit den Mercosur-Staaten am Samstag als «einen Meilenstein». 

Wir fördern damit die Abholzung des Regenwaldes. Wenn sich die kahlen Flächen im Amazonasbecken wie Metastasen im Körper ausbreiten, uns irgendwann die Luft ausgeht, können wir uns damit trösten, dass dieses Abkommen der Schweiz einen Markt mit 260 Millionen Einwohnern eröffnet hat. 

Klimaneutral sind wir erst, wenn wir tot sind.

26.08.19 - Zerissenheit

Schloss Moritzburg oder Basilika von Aquileia? Die Wahl, wo ich meine zwei Wochen Ferien verbringen will, fällt mir umso schwerer, je klarer sich die letzten Augusttage präsentieren.

Die barocke Verspieltheit des Schlosses im Osten von Deutschland, liesse die grauen Wolken jener Region verblassen, zu einem Zeitpunkt zu dem die Sommersonne noch nicht Erinnerung ist.

Friuli - frühchristliche Kunstschätze, Furlanische Sprache, Dialekte, regionale Gerichte, Weine und die ersten Nebelschwaden über der Lagune?

August 2019 - Grautöne

"Studenten schämen sich für ihre Nebenjobs". Als ich heute Morgen diesen Titel in einer Zeitung las, dachte ich an meine Tochter, die sich mit drei nicht branchenfremden, dafür schlecht bezahlten Stellen durch die letzten Monate ihres Studiums kämpft. 

Ich behaupte, die Schweiz ist das einzige Land der Welt in dem die Studierenden ihre Erwerbstätigkeit im Lebenslauf verschweigen, wenn sie nicht zum Studium passt. Die Arbeitserfahrung der Studierenden wird nach dem Abschluss von potentiellen Arbeitgebern und RAV oft nicht anerkannt. 60 bis 70 Stunden pro Woche bei minimalem oder gar keinem Praktikantenlohn sind die Norm. 

Meiner Tochter liess ich bei der Berufswahl freie Hand. Ich selber wurde von meinen Eltern in eine Lehre gedrängt, obwohl ich bereits für vier weitere Schuljahre angemeldet war. Die Begeisterung, die sie, trotz schlechter Berufsaussichten bisher für ihr Studium aufgebracht hat, motiviert und inspiriert mich. 

Irritierend finde ich die mangelnde Unterstützung, der Professoren an den Universitäten, welche die letzte Freude und Energie aus ihren Mitarbeitenden herauspressen, wohl wissend, dass diese bis zum Abschluss ihrer Master-/ oder Doktorarbeit, nicht aufbegehren können.

Grautöne wären eine Bereichung im Berufsalltag - Allrounder*innen, die nicht mehr nur schwarz oder weiss sehen, sind kreativer. Deshalb - seid stolz auf diese ganz unterschiedlichen Erfahrungen in der Arbeitswelt, erwähnt sie in eueren Lebensläufen, sie erweitern den Horizont.

Dresden statt Augustfeuerwerk

Der "Canaletto Rahmen" gibt den Blick frei auf, Dresden vom rechten Elbufer aus und damit auf die Sanierungsarbeiten der Augustusbrücke. Baukräne in unterschiedlicher Höhe zieren das Bild.

Raum zum Atmen, eine Stadt, die Möglichkeiten zulässt -  aufgeräumt und trotzdem nicht zu Tode restauriert, heiter, so habe ich Dresden erlebt.

Sächsische Hausmannskost oder Spezialitäten aus aller Welt, die Wahl fällt schwer, denn zumindest für Touristen stimmt das Preis-/Leistungsverhältnis.

Gläserne Manufaktur, Frauenkirche, Alte oder Neue Meister, überraschende Lesungen kleiner Verlage oder Kaiser-Mania auf den Elbterrassen, Shopping im Zentrum, Rad- oder Trottinettfahren, Joggen oder eine Runde drehen als Fahrgast in der Parkeisenbahn im Grossen Garten - wer sich hier langweilt, ist selber schuld.

31. Juli 2019, Sanierungsarbeiten

1. August 2019

3. August 2019, Albertinum

Kommentare

01.11.2019 06:50

Viola

Sich einzugestehen gelangweilt zu sein, ist ein erster Schritt. Wenn es nicht möglich ist, den Broterwerb einzutauschen gegen mehr Sinnhaftigkeit, kann das Freizeitverhalten angepasst werden.

30.10.2019 14:48

Andi

Boreout:
Doch es ist gut zu wissen, dass sich nicht nur bei mir solche Symptome bemerkbar machen, wenn auch (noch) nicht im ganzen Ausmass wie von dir beschrieben

24.10.2019 12:07

Andi

Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich deinen Gedanken folge. Sie sind manchmal ganz klar und tiefgründig, manchmal verschlungen und im ersten Moment scheinbar nicht nachvollziehbar.